Romeo und Julia bekommen ein Kind
Tragödie "Das Leben gehört uns" über Eltern mit einem kranken Sohn
Als ihre Welt in Scherben geht, steht Juliette still da. Durch die Krankenhaustür kann sie ihr Baby immer noch schreien hören. Die Ärzte werden jetzt den großen Tumor in seinem kleinen Kopf scannen. Juliette dreht sich um und beginnt zu laufen. Langsam zuerst und dann schneller, die wackelige Handkamera immer hinter ihr. Schließlich rennt sie zu den schroffen Akkorden von Vivaldis "Winter" wie eine Irre durch die Gänge. Weil die Starre aus ihr heraus muss, bevor sie ihren Lebensgefährten Roméo anruft. Es ist der Augenblick, in dem ihr Traum zum Alptraum wird. Und einer der stärksten Momente in einem ohnehin starken Film.
Bis "Das Leben gehört uns" hier ankommt, sehen wir eine zauberhafte Romanze. Unbekümmert spielen Valérie Donzelli und Jérémie Elkaïm, wie Roméo und Juliette in einer Pariser Disco von der Liebe überrascht werden. Wie er noch witzelt, mit solchen Namen drohe bestimmt ein schreckliches Schicksal. Dann Adams Geburt, die schlaflosen Nächte, der Stress aller Eltern. Als die Kinderärztin den Kleinen eines Tages scharf mustert, weiß der Zuschauer als Erster, dass etwas nicht stimmt. Später schließen Roméo und Juliette einen Pakt. Sie werden Adam retten und sich selbst gleich mit.
In ihrem zweiten gemeinsamen Film nach "La reine des pommes" erzählen die Regisseurin Donzelli und der Drehbuch-Coautor Elkaïm ihre eigene Geschichte und die ihres gemeinsamen Sohnes Gabriel. Wie leicht hätte daraus ein tränenreiches Melodram werden können. Aber Donzelli hat die Gabe, Schwermut durch Energie und Selbstmitleid durch Humor zu ersetzen. Wenn die Angst zu groß wird, lässt sie Roméo und Juliette einfach Karussell fahren und durch die Krankenhausflure stürmen wie durch ein Ferienlager. Oder alberne Chansons singen. Oder einfach nur kichern, denn irgendwo muss die Kraft für den nächsten Tag ja herkommen.
Für sechs Césars und den Fremdsprachen-Oscar wurde dieser Film vorgeschlagen, in dem so viel Poesie und Lebenskraft stecken. Auch wenn Donzelli und Elkaïm heute getrennt leben, werden sie das verschmerzen. Abseits der Kamera haben sie genug erreicht. llll
