Romantische Komödie ohne Kitsch

In "Fast verheiratet" erleben Emily Blunt und Jason Segel, wie einfach Verlieben, wie schwer aber Glücklichbleiben ist. In einer hinreißend unverkrampften Komödie versucht das Paar, es mit der amerikanischen Provinz aufzunehmen – und scheitert. Vorläufig.

Auf einem Silvester-Ball sind sie sich zum ersten Mal begegnet, und ein Jahr später, zum Neujahrs-Feuerwerk, macht Tom seiner Violet einen Heiratsantrag. Doch das ist nur der Auftakt zu "Fast verheiratet", zu "The Five Year Engagement" (fünf Jahre Verlobungszeit), wie der Originaltitel ganz sachlich das Warten auf eine immer wieder verschobene Hochzeit ankündigt. Es ist eine jener seltenen Komödien, denen eine Liebesromanze nur als Vorspiel dient zu einer dramatischen Geschichte über die Bewährungsproben danach.

Nicholas Stoller, der Regisseur, und Jason Segel, der Hauptdarsteller, haben gemeinsam ein Drehbuch geschrieben, in dem sich viele Nebenfiguren jählings in den Vordergrund schieben und wieder verschwinden; in dem Situationskomik und Dialogwitz alle Erwartungen an eine "romantische Komödie" erfüllen, aber die schwarzen Töne rauer Realität nicht unterschlagen. Den Darstellern wurde viel Raum für Improvisationen gelassen. Das macht erst recht (fast) alle Wendungen spannend, weil unvorhersehbar.

Jason Segel und seine Partnerin Emily Blunt sind ein so liebenswürdiges Paar, so sichtbar herzlich einander zugetan, dass man ihnen ihre Liebe "auf den ersten Blick" glaubt: Auf einem Kostümfest tappst Tom in einem kuriosen Hasenkostüm auf die Engländerin Violet zu, die als elegante "Lady Diana" auftritt und sofort bereut, dass sie ihn mit einer aristokratisch schnippischen Antwort einschüchtert. An diese Szene wird jedes Mal erinnert, wenn die Liebe der beiden zu zerbrechen droht.

Tom ist Koch und soll Küchenchef in einem der besten Restaurants von San Francisco werden; Violet ist Sozialpsychologin am Anfang einer Uni-Karriere. Die Familien der beiden wollen aus der Hochzeit ein großes, amerikanisch-britisches Fest machen. Doch dann erhält Violet einen zweijährigen Forschungsauftrag an der fernen Universität von Michigan. Tom überrascht sie mit dem Entschluss, seine Karriere ihr zuliebe abzubrechen und ihr in die tiefe Provinz zu folgen. Die Hochzeit wird vertagt.

Es gibt von vornherein Stimmen, die dem Liebespaar das Heiraten ausreden wollen. Violets geschiedene Mutter warnt sie vor der Ehe als Wurzel weiblichen Unglücks. Toms Chefin, erbost über die Kündigung ihres Meisterschülers, wütet gegen die Ehe, die zu faulen Kompromissen zwinge: "Ich bin auch gegen Homo-Ehen – aber das darfst du niemand verraten!" Alle anderen warten unverzagt auf die große Hochzeit, und jedes Mal, wenn betagte Verwandte sterben, werden die Liebenden zur Eile gedrängt.

Wie viele amerikanische Universitäten liegt auch die University of Michigan in der Provinz. Sie heißt Ann Arbor und wird hier als ein sibirisch grimmiger Ort geschildert, an dem ein genialischer Professor junge Wissenschaftler zu schrulligen Experimenten ermuntert und alle, die außerhalb des Universitätsbetriebs leben, zu noch verrückteren Käuzen degenerieren. Tom findet keinen Job als Koch und muss sich mit dem Verkauf von Sandwiches durchschlagen. Seine Kumpane lehren ihn, den ruppigen Naturburschen zu spielen, der Hirsche mit der Armbrust jagt, selbst gebrauten Met aus Hirschhuf-Bechern trinkt und seine Depression unter einem wild wuchernden Bart versteckt.

Die bis zum Klamauk zugespitzte Farce mündet in das boshafte Fazit: Wer dem Partner zuliebe seine Karriere opfert, wird bestraft – auch wenn hier einmal nicht die Frau dem Mann, sondern der Mann der Frau folgt.

Die Geliebte flieht vor ihm in die Arme ihres Professors: Der Waliser Rhys Ifans porträtiert ihn als ein Chamäleon aus glattem Charme und brutalem Egoismus. Er hält seine Assistentin und Mätresse so lange mit trügerischen Karriere-Aussichten hin, bis sie endlich abreist – so wie Tom, der schon lange vorher die Hoffnung auf das Überleben der Liebe in provinzieller Enge aufgab.

Bis sie sich in San Francisco wieder begegnen, haben sie auch gelernt, dass andere Paare, ganz ohne große Hochzeit, teils in beschwingtem Familienleben aufblühen, teils in finsterem Spießertum versinken. Tom und Violet reden erneut von Hochzeit – doch ein Happy End, so lehrt die wunderbar unordentliche Komödie, bleibt weiterhin fraglich.

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(RP)
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