Richard David Precht bei den „Düsseldorfer Reden“ Welterklärer mit Kompass

Düsseldorf · Der Philosoph und Bestsellerautor Richard David Precht sprach im voll besetzten Großen Haus des Schauspielhauses über "Das Ende der Arbeit wie wir sie kannten".

 Der Philosoph Richard David Precht

Der Philosoph Richard David Precht

Foto: picture alliance / zb/Foto: Kirsten Nijhof/DPA

Die Sympathie des Publikums war ihm sicher, bevor es richtig losging: Richard David Precht, der Philosoph und Bestsellerautor aus Solingen, gab bekannt, dass er und sein Gesprächspartner Friedrich Fasse ihre Honorare für den Auftritt im Düsseldorfer Schauspielhaus spenden werden: zu gleichen Teilen an Bedürftige in Ukraine und Jemen.

Im voll besetzten Großen Haus hatte Precht leichtes Spiel. Seine Ausführungen zum Thema „Freiheit für alle. Das Ende der Arbeit wie wir sie kannten" stießen innerhalb der von der Rheinischen Post mitorganisierten „Düsseldorfer Reden" bei den Fans auf offene Ohren, und der Unternehmensberater Fasse, ein Duz-Freund, mied kritische Fragen und beschränkte sich aufs Stichwortgeben. So konnte Precht seinem Talent freien Lauf lassen: der Gabe, Dinge verständlich und zugleich unterhaltsam zu erklären, stets den roten Faden in der Hand zu halten und dabei auf einen Wissensschatz zurückzugreifen, der von den griechischen Philosophen bis zur Digitalisierung reicht. Wie schrieb doch früh die FAZ: Precht verbreite "nichts, was andere nicht schon vor ihm gedacht und aufgeschrieben hätten", aber keiner wisse „so geschmeidig davon zu erzählen wie er".

Während mancher Wirtschaftsprofessor das Thema „Das Ende der Arbeit" vielleicht mit Zahlen unterlegen würde, berichtet Precht davon, wie er als Student erstmals harte Arbeit zu spüren bekam: bei Haribo, wo er bei der Herstellung von Himbeeren und Brombeeren sich in eine Turbine beugen und Puderzucker verrühren musste.

Die Arbeitswelt von heute verlangt derlei Opfer nicht mehr, doch auch sie wird nicht bleiben, wie sie ist, und - dazu ruft Precht auf - wir müssen uns darauf vorbereiten, und zwar eher durch Weiterbildung als durch Umschulung. In diesem Zusammenhang sind für ihn zwei oft gehörte Sätze unakzeptabel: „Niemand hat eine Glaskugel" und „Et hätt noch immer jot jejange".

Die jungen Leute von heute, so lautet Prechts Befund, wollen ihre Arbeit als etwas Sinnvolles erleben und Spaß dabei haben. Wenn sie das nicht bekommen, bevorzugen sie eine halbe Stelle und genießen ihre Work-Life-Balance.

Bei den alten Griechen, daran erinnerte Precht, waren diejenigen hoch angesehen, die als Polis-Bürger Sklaven für sich arbeiten ließen, nicht die, welche mit ihrer Hände Arbeit die Wirtschaft in Gang hielten. Das Christentum habe die Verhältnisse umgekehrt. Als „Religion der kleinen Leute" und damit der Mehrheit bete sie zwar „zu einem Gott, der die Menschen liebt", doch für diese Liebe müssten sie arbeiten. Dass in christlichem Verständnis Gott die Menschen auch dann liebt, wenn sie nicht imstande sind zu arbeiten, hätte man auf dem Podium gern als Einwand gehört.

Wer werden die Gewinner, wer die Verlierer unserer künftigen Arbeitswelt sein? Auf dem Siegertreppchen sieht Precht „Leute, die im Bereich der Spitzen-IT arbeiten", selbstverständlich nur die besten, dazu Angehörige von Intelligenz-Berufen, „die zum Beispiel einen Flughafen rechtzeitig fertigstellen können", aber auch gute Handwerker. Denn „der Heizkessel wird auch in Zukunft nicht vom Roboter repariert", da ist Precht sicher. Gleichfalls glaubt er daran, dass Empathie-Berufe sich halten werden: Kita-Mitarbeiterinnen, Mediziner und Pflegepersonal.

Den Verlierern möchte Precht zum Trost ein bedingungloses Grundeinkommen überweisen. Es soll durch eine Finanztransaktionssteuer ermöglicht werden: Überall, wo Geld fließt, sollen 0,4 Prozent an den Staat gehen.

Die Verlockung eines Grundeinkommens könnte Menschen aus aller Welt nach Deutschland locken. Precht sieht diese Gefahr und weiß auch dafür eine Lösung. Denn er, der Welterklärer, ist auf allen Feldern menschlichen Lebens zuverlässig mit einem Kompass unterwegs.

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