Düsseldorf Raubkunst gibt noch heute Rätsel auf

Düsseldorf · Die Herkunft vieler Kunstwerke ist unklar. Viele NRW-Institutionen sind um Aufklärung bemüht.

Die Raubkunst-Debatte um das Xantener Gemälde "Platzbild" von Jan van der Heyden zieht jetzt immer weitere Kreise: Der Kunstausschuss des Bayerischen Landtags fordert öffentlich mehr Transparenz und richtet sein Interesse vor allem auf die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, die im Verdacht stehen, in der Nachkriegszeit mit NS-Raubkunst gehandelt zu haben. Die Abgeordneten wollen den "Skandal um verkaufte NS-Raubkunst aufklären", so eine Beschlussempfehlung, die der Kunstausschuss vergangene Woche einstimmig gebilligt hat.

Der Ausschuss will Klarheit darüber, ob Archive öffentlich zugänglich sind und ob es realistisch ist, zukünftig eine unabhängige Kommission zur Aufklärung einzurichten. Auslöser dafür ist der Erbstreit um das "Platzbild". Der Xantener Dombauverein hatte es 1963 im Kölner Auktionshaus Lempertz ersteigert. "Die Provenienz war uns bis 2011 nicht bekannt", sagt Vereinsvorsitzender Hans-Wilhelm Barking. Der Dombauverein wandte sich an Experten.

Die "Commission for Looted Arts in Europe" (CLAE), eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in London, erforscht weltweit die Herkunft von Kunstwerken im Namen von Familien, Gemeinden, Institutionen und Regierungen. Die CLAE hatte das "Platzbild" der NS-Raubkunst zugeordnet: Nachdem es der jüdischen Familie Kraus in Wien entzogen wurde, gelangte es in den Besitz verschiedener staatlicher Museen, bis es Kunstexperte Wolfgang Arntz über das Auktionshaus Lempertz versteigern ließ.

"Beschriftungen oder Nummerierung sind Spuren, die als Ausgangspunkte für einen Provenienzforscher dienen", sagt Meike Hoffmann von der Forschungsstelle "Entartete Kunst" in Berlin. Ein anderer Rechercheweg seien Aktenbestände. "Heute gibt es auch Hilfsmittel im Internet", sagt Hoffmann. So betreibt auch die CLAE ein Zentralregister für zwischen 1933 und 1945 geraubte Kunst auf "lootedart.com". Such- und Fundmeldungen gibt es auch in der Online-Datenbank "lost art", die Meldungen an das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste übermittelt.

Es sind noch heute unzählige Kunstwerke, deren Geschichte im Dunkeln liegt. "Die Herkunft der bekanntesten Kunstwerke ist zwar häufig dokumentiert", sagt Carsten Felgner, Provenienzforscher am Auktionshaus Lempertz. "Aber bei den weniger prominenten Kunstwerken muss man leider feststellen, dass sich die Provenienz häufig nicht sehr weit zurückverfolgen lässt." Das gelte auch für die Zeit von 1933 bis 1945. "Hier muss man dann den umgekehrten Weg gehen und feststellen, ob ein Restitutionsanspruch existiert."

Museen, Ministerien und andere Institutionen nutzen diese Wege, um Funde zu melden. Zwölf Einträge über Fundstücke finden sich allein von Institutionen aus NRW bei "lost art". Darunter sind das Finanzministerium und Museen. Sieben Malereien hat die Stiftung Museum Kunstpalast eingestellt - um Aufklärung bemüht. Darunter ist etwa das "Bildnis einer Dame mit Perlenschmuck " von Adriana Spilberg.

"Früher hat man die Fälle anders beurteilt", sagt Meike Hoffmann. Verdrängung prägte die Nachkriegszeit. Dennoch waren es die Bayerischen Staatsmuseen, die das Xantener Gemälde bei "lost art" meldeten, obwohl es längst dem Dombauverein gehört hatte.

(ball)
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