Stockholm Protest bei der Verleihung des Literaturnobelpreises

Stockholm · Begleitet von heftiger internationaler Kritik hat der Chinese Mo Yan gestern in Stockholm den Literaturnobelpreis 2012 in Empfang genommen. Der 57-Jährige wurde von Schwedens König Carl XVI. Gustaf zusammen mit acht durchweg männlichen Trägern der wissenschaftlichen Nobelpreise für Medizin, Physik, Chemie und Wirtschaftswissenschaft ausgezeichnet.

Wenige Stunden zuvor hatte das norwegische Komitee die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Die Schwedische Akademie begründete die Vergabe an Mo Yan damit, dass er in seinen Romanen "mit halluzinatorischem Realismus Märchen, Geschichte und Gegenwart vereint".

Während das offizielle China den Preis aus Stockholm lobte und feiern ließ, äußerten sich sowohl Oppositionelle in Peking als auch aus dem Ausland kritisch und stuften Mo Yan als unkritischen Parteigänger der Führung in Peking ein. Die deutsch-rumänische Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller hatte die Entscheidung eine "Katastrophe" genannt.

Mo Yan reagierte nach seiner Ankunft in Stockholm in der vergangenen Woche mit der Einstufung der Kritik als "Schmutzwasser". Er weigerte sich, eine Petition von 134 anderen Nobelpreisträgern zur Freilassung des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers von 2010, Liu Xiaobo, zu unterzeichnen. Zur Zensur in China äußerte er, es gebe Ähnliches in jedem Land der Welt mit nur graduellen Unterschieden. Er verglich Zensur mit lästigen, aber unausweichlichen Sicherheitskontrollen auf Flughäfen.

Mo Yan ist in seiner Heimat ein populärer und vielgelesener Romancier, der sich in seinem Stockholmer Nobelvortrag zeitweise an westlichen Vorbildern wie William Faulkner aus den USA und dem Kolumbianer Gabriel García Márquez orientiert hat. Der Literaturnobelpreis ist wie die anderen Nobelpreise mit acht Millionen schwedischen Kronen (927 000 Euro) dotiert.

(DPA)
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