Ausstellung im Neuen Kunstraum Rätselhafte Gesichtslandschaften aus der Vergangenheit

Düsseldorf · Großformatige Porträts sind die Spezialität des kurdisch-stämmigen Künstlers Haure Madjid. Eine Auswahl davon ist im Neuen Kunstraum zu sehen.

 Der Künstler Haure Madjid zwischen seinen Porträts.

Der Künstler Haure Madjid zwischen seinen Porträts.

Foto: Anne Schülke

Porträtmalerei ist in der aktuellen Kunst selten geworden, seitdem Selfies millionenfach in der Welt kursieren. Haure Madjid aus Kurdistan ist eine Ausnahme. Für den Iraker mit deutschem Pass sind es Erinnerungsbilder an alte Freunde und Weggefährten, darunter Künstler, Intellektuelle und Poeten. Das Andenken verblasst allerdings, denn der Künstler lebt schon knapp 25 Jahre in Düsseldorf. Die Gesichter sind keine realen Porträtbilder mehr, sondern ikonenhaft anmutende Darstellungen fiktiver Erscheinungen. Überlebensgroß treten sie dem Betrachter im Neuen Kunstraum entgegen. Sie stieren einen aus leeren Augen an, wirken nachdenklich und kontrollierend oder scheinen zu versuchen, die Außenwelt wahrzunehmen oder den Ausstellungsraum zu überwachen. All das wirkt rätselhaft, real und typisch zugleich.

Madjid wurde 1975 in Kurdistan geboren und studierte dort  Malerei und Zeichnung in Ölfarbe, Wasserfarbe und Aquarell, sehr realistisch, beeinflusst von der großen Tradition der russischen Malerei. Die Methode war akademisch, wie er erzählt. Nach seiner Flucht 1997 lernte er die deutsche Sprache, die er fließend beherrscht, und wurde 1999 an der Düsseldorfer Akademie angenommen. Seine erste Adresse war Siegfried Anzinger, der ihn jedoch an den neu berufenen Professor Helmut Federle weiterreichte, denn die Anzinger-Klasse war damals von Anfängern bestimmt. Und Madjid konnte ja schon alles.

Der Meisterschüler von Federle schwört auf seinen Lehrer: „Bei ihm lernte ich die Malerei sehen und verstehen, begriff den Umgang mit Leinwand, Farbe und Räumlichkeit, bekam ein Gefühl für Farben und Pinselauftrag.“ Inzwischen hat er Erfolg, denn die Typen auf seinen Bildern sind wie aus der Zeit gefallen. Sie könnten vor 400 oder 100 Jahren gelebt haben, wirken wie aus der Ikonenkunst oder den russischen Heimatbildern der 1930er Jahre entnommen.

Madjid arbeitet in Serien, zeigt nicht nur Gesichtslandschaften, sondern auch Landschaften, widmet sich dem Ornament, ist Autor eines Buchs über Pflanzen, Landschaft und Heilmedizin und unterrichtete über das Landesprogramm Kunst und Schule an Gymnasien. Heute lebt er ausschließlich von seiner Kunst, grundiert mit Hasenleim, Kreide und Zink und schleift die Oberflächen glatt, bevor er die Ölfarbe aufträgt. Schließlich verliert sich das Porträt in den Farben, die er dünn wie Aquarell aufträgt und trocknen lässt, bevor er weitere Schichten aufbringt. Das Ergebnis ist von der abstrakten Malerei in den grünlich-gelben Partien der Wangen oder dem bläulichen Schimmer der Haare nicht weit entfernt.

Den ehrenamtlichen Kuratoren Anne Schülke und Detlef Klepsch sei Dank, dass sie den Wahl-Düsseldorfer entdeckten. International erhielt er soeben seine Weihe, ist Villa-Romana-Preisträger und flog nach unserem Gespräch für zehn Monate nach Florenz. Eine weitere Entdeckung für Düsseldorf ist Yvon Chabrowski. Die Ost-Berlinerin studierte Fotografie in Leipzig, freie Kunst in Lyon, absolvierte die Meisterklasse von Peter Piller und lebt in Berlin und Leipzig. In ihren Video-Skulpturen untersucht sie wie Majid die Beziehungen des Körpers zum Raum, wenn auch mit anderen Mitteln. Sie benutzt die Glasoberfläche des Monitors nicht nur als Mittel der Präsentation, sondern als Objekt der performativen Kunst. Akteure schlagen, berühren, fühlen, atmen, stehen, rutschen oder liegen auf der Scheibe. Und die Besucher vor den Monitoren haben das Gefühl, ihnen lebensgroß zu begegnen.

Der Neue Kunstraum Düsseldorf liegt Himmelgeister Straße 107. Die Ausstellung läuft bis zum 20. Februar, Öffnung: Donnerstag und Freitag, 15 - 20 Uhr, Samstag und Sonntag 14 - 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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