Porträt eines Narren

Komödie "Our Idiot Brother"

Wir beklagen gerne, die Menschen seien alle so böse geworden. Aber wenn wir doch einmal einen guten Menschen treffen, halten wir ihn für einen Idioten. Auf diesem Widerspruch baut die amerikanische Komödie "Our Idiot Brother" auf. Paul Rudd spielt hier den vertrauensseligen Sonderling Ned Rochlin. Wir lernen Ned kennen, als ein Polizist an seinem Biobauern-Stand nach ein wenig mehr als Radieschen und Mohrrüben fragt, nach Gras nämlich. Für einen Moment zögert Ned, aber er lässt sich überreden, dass es hier doch um Zwischenmenschliches ginge, dass kein als Polizist klar erkennbarer Beamter offen nach Drogen fragen würde. Ned rückt das Gras heraus und wird auf der Stelle verhaftet.

Regisseur Jesse Peretz vollführt keine Kunststücke subtiler Inszenierung. Aber das passt zum Porträt eines Mannes, der bescheiden in seinen Ansprüchen und schlicht in seinen Strategien ist. Als Ned aus dem Knast kommt, hat seine Freundin einen anderen. Und das Paar rückt auch Neds Hund nicht mehr heraus, an dem er mit der Liebe eines Kindes hängt. Also zieht der Enttäuschte und Verwirrte vorübergehend bei seiner Mutter und später bei seinen drei Schwestern ein. Dort bringt er den Alltag jeweils gut durcheinander.

Es wäre ein Leichtes, aus "Our Idiot Brother" einen Doofian-Klamauk zu machen. Doch Peretz und Paul Rudd finden einen anderen Ton. Ned tut Dinge – einem Fremden in der U-Bahn etwa sein Geld anvertrauen, der solle das Bündel kurz halten, damit Ned die Hände frei habe –, die unseren Überlebensinstinkten in der Zivilisation krass zuwiderlaufen. Aber das sind Handlungen, von denen wir uns sofort wünschen, sie möchten doch möglich sein. Ned ist nicht unfähig zu denken, er ist nur unfähig, Schlechtes zu denken. Er ist rührend in seiner sozialen Unbeholfenheit, ein Narr vielleicht, aber einer, der Schule machen sollte: ein guter Mensch eben. lll

(RP)
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