„Backstage“ Dieter Falks klingende Biographie

Unterhaltsame Lektüre: Der Produzent und Komponist hat kurz vor seinem 60. Geburtstag sein Leben aufgeschrieben.

 2006 wurde Dieter Falk zur Fernseh-Berühmtheit: Szene aus „Popstars“ mit Nina Hagen und Detlef D. Soost.

2006 wurde Dieter Falk zur Fernseh-Berühmtheit: Szene aus „Popstars“ mit Nina Hagen und Detlef D. Soost.

Foto: Oliver S./pro7

Es ging viel schneller, als er dachte. Dieter Falk wollte ein Buch über sein Leben schreiben und es zu seinem 60. Geburtstag am 5. Dezember 2019 veröffentlichen. Doch schon seit heute ist die Biografie „Backstage – Von Pur, Popstars und den Zehn Geboten“ im Handel. Warum so früh? „Weil es mir überraschend leicht fiel, mich zu erinnern“, antwortet der Musikproduzent und Komponist. „Ich musste nur nacheinander meine CDs in die Hand nehmen und das Kleingedruckte lesen. Und meine alten Kalender durchstöbern, die ich konsequent geführt und aufbewahrt hatte. Da kamen sie mir alle wieder in den Sinn, die spannenden, kniffligen und schönen Geschichten. Nach wenigen Wochen war das Buch fertig.“

Dieter Falk verlebte mit seinem Bruder Martin eine behütete Kindheit in einem christlich geprägten Elternhaus in Siegen. Die Kirche wurde ihm schon früh zur Bühne. Mit 16 schrieb er sein erstes Musical, das er in der Rückschau amüsiert betrachtet: „Mit seiner frömmelnden Pennälerlyrik war es eher ein Grusical.“ Die Aufführung – ein Flop. Und dennoch der Beginn eines Kreises, der sich mit Dieter Falks opulenten Pop-Oratorien wie „Moses“ oder „Luther“ schließt.

Zurzeit komponiert er mit seinem jüngeren Sohn Max ein „Bethlehem“-Musical, 15 Lieder sind schon fertig, und wieder schreibt Michael Kunze die Texte. Den Tag der Uraufführung kennt er auch schon: „Der 5. Dezember 2020, da werde ich 61. Ein Zufall, wir brauchten halt einen freien Samstag.“ Er lacht, doch tatsächlich erscheint dies angesichts seiner Termine kaum übertrieben. Gerade ist Dieter Falk mit seiner vergnüglich bebilderten Biografie bundesweit auf „Konzert-Lesereise“, gastiert damit am 20. März auch in Garath. „Ein neues Feld, das mir viel Spaß macht“, sagt er. „Aber mein Schwerpunkt bleibt das Komponieren.“

In „Backstage“ blendet er zurück auf sein Studium der Jazz-, Schul- und Kirchenmusik in Köln. Musikproduzent wollte er werden, schon damals. Zunächst begleitete er Inge Brück bei ihren religiösen Konzerten und veröffentlichte seine ersten Solo-Platten. Seit Kindertagen spielt Dieter Falk Klavier und Geige, später auch Altsaxophon, „das klang bei mir anfangs wie eine Schiffssirene im Hamburger Hafen“. Aber als Keyboarder und Pianist war er immer spitze. Den Ritterschlag bekam er von Katja Ebstein, die ihn als Nachfolger von Horst Jankowski wählte. „Große Fußstapfen“, sagt er. „Bei Katja habe ich gelernt, was Begleiten bedeutet.“ Und mehr noch. Die Sängerin wurde eine Freundin mit Familienanschluss.

Dieter Falk, der lange im Schwabenland lebte und 2006 mit seiner Frau Angelika und den Söhnen Max und Paul nach Düsseldorf zog, öffnete sein Privathaus nur selektiv und mit Bedacht. Auch Daliah Lavi, für die er als Teenager schwärmte, gehörte zum Kreis der Vertrauten. Oder Karel Gott, der mit Pauls Kettcar durch die Nachbarschaft flitzte.

Das Buch, wie sollte es anders sein, ist ein Kaleidoskop der großen Namen von Gitte bis Quincy Jones. Und mit jedem verbindet sich eine Geschichte. „Bis auf ganz wenige Ausnahmen habe ich charakterlich sehr feine Menschen kennengelernt“, sagt er. „Künstler machen sich Gedanken über Gott und die Welt, auch wenn ihre Lieder nicht immer fürs Feuilleton taugen.“ Dass er selber tief im Glauben verwurzelt war, sprach sich in der Branche herum. Einmal fragte er einen Plattenboss, warum man ihm eigentlich nur Frauen als Schützlinge zur Seite gab. Und hörte dann: „Du bist ein christlicher Typ, du wirst sie sicher pfleglich behandeln und nicht fremd gehen.“

Jede Produktion begann Dieter Falk mit einer Session. „Zum Beschnuppern“, erklärt er. „Man setzt sich ans Klavier und überlegt, wohin die Reise gehen soll. Das lockert die Atmosphäre auf und ist wichtig, schließlich bindet man sich ja für Monate und länger.“ Die intensivste künstlerische Ehe ging er mit der Band Pur ein. Sie hielt zehn Jahre. Früher hatte er keine deutschen Schlager gemocht. Erst durch die Zusammenarbeit mit Pe Werner („Dieses Kribbeln im Bauch“) und dann mit Pur leuchtete ihm ein, „dass man auch mit deutscher Sprache in poppigen Songs tolle Geschichten erzählen kann“.

Zwar könnten die meist einfach gestrickten Texte und Melodien bisweilen platt erscheinen. „Würde man jedoch englische Hits ins Deutsche übersetzen, käme man zu erstaunlichen Erkenntnissen“, gibt er zu bedenken. „Deren Texte sind nicht weniger banal.“ Den „Eurovision Song Contest“ schätzt er nicht. „Ein Synonym für Langeweile. Er zeigt, wie ideenlos die Branche geworden ist. Es entstehen keine Evergreens mehr, bloß noch Kurzzeiterhitzer.“

Höchst verwundert war er, als 2006 das Angebot kam, die Jury der Casting-Show „Popstars“ zu verstärken. „Ich hatte ja nie die Absicht, ein zweiter Dieter Bohlen zu werden, aber diese Aufgabe reizte mich. Nicht zuletzt wegen Nina Hagen. Eine großartige Künstlerin und herzensgute Kollegin, längst nicht so spinnert, wie man glaubt.“ Der Auftritt als Juror hat sein Gesicht Millionen Menschen bekanntgemacht.

Wie fällt sie aus, die Bilanz seines randvoll gepackten Lebens? „Beim Reflektieren und Schreiben fiel mir eines besonders auf“, sagt er. „Dass ich unheimlich viel Glück hatte.“

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