Leverkusen Petersburger Hängung in Leverkusen

Leverkusen · Das von Schließung bedrohte Museum Morsbroich inszeniert seine Sammlung furios neu.

"Drama Queens" sind im Englischen Menschen, die regelmäßig überzogen emotional und ich-bezogen reagieren. Das Leverkusener Museum Morsbroich hat den Begriff jetzt als Titel einer Ausstellung gewählt, die die eigene Sammlung durcheinanderwirbelt und zeigt, wie sich Kunst neu entdecken lässt, wenn man die Werke nur ungewohnt genug kombiniert.

Ob mit "Drama Queens" die Künstler oder die hauseigenen Ausstellungsmacher gemeint sind, bleibt offen. In einer Angelegenheit jedenfalls hat Museums-Chef Markus Heinzelmann ebenso wie Gottfried Zaby, Vorsitzender des Museumsvereins, einen kühlen Kopf bewahrt: Als die von der Gemeindeprüfungsanstalt NRW beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorschlug, das Museum wegen zu hoher Kosten zu schließen, reagierten sie nicht wie Drama Queens, sondern konstruktiv.

Beide freuen sich erst einmal darüber, dass die Stadt Leverkusen ein Angebot des Museumsvereins angenommen hat und ihnen anderthalb Jahre Zeit gewährt, um Pläne für Kostensenkung, Umstrukturierung und einen weiteren Betrieb des Museums zu schmieden. Heinzelmann sagte unserer Redaktion: "Im Ausschuss sitzen Leute mit guten Verbindungen. Wir hoffen auf Ideen, wie man den Standort stärken und die Stadt finanziell entlasten kann." Wichtig sei, dass Fachleute ans Werk gingen und nicht ständig neue, teilweise abstruse Vorschläge in die Diskussion gerieten.

Statt in Verteidigungsstellung zu verharren, eröffnet Heinzelmann dem Museum Zukunftsaussichten. In "Drama Queens" hat er Vorschläge für eine Erweiterung des Hauses aufgenommen, die Künstler in den vergangenen Jahren ausgearbeitet haben. Dazu zählt eine auf einer Wandtapete vorweggenommene hohe Ausstellungshalle im Park des Museums, die das renommierte Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi vor sechs Jahren entworfen und jetzt aktualisiert hat.

Wie sehr allein die Sammlung und der schöpferische Umgang des Museumsteams ein Argument für den Erhalt der Institution sind, zeigt sich an der Ausgelassenheit von "Drama Queens". Der erste Raum ist nach dem Prinzip der Petersburger Hängung eingerichtet: Bilder füllen die Wände bis zur Decke, Unfallaufnahmen des Polizeifotografen Arnold Odermatt hängen in Nachbarschaft zu Warhols "Marilyn". An anderer Stelle versteckt sich eine Farblithografie von Kandinsky zwischen Gegenwartskunst. Und Gerhard Richters Gemälde "Tiger" spiegelt sich an der gegenüberliegenden Wand in einem Werk desselben Künstlers: einem Spiegel.

Manchmal ist Kunst zum Niederknien: in dem Raum, den Lothar Götz unter dem Motto "Tango to Heaven" bemalt hat und dessen Mittelpunkt ein Porträt Johannes des Täufers von Jawlensky bildet, davor ein Bänkchen zum Beten. Wer Papierarbeiten von Bernard Schultze entdecken will, wird mit einer Taschenlampe in einen tiefschwarzen Raum geschickt, auf dass ihm ein Licht aufgeht. Man sieht: Museums-Chef Heinzelmann und seine Mitkuratoren Fritz Emslander und Stefanie Kreuzer haben so viele Ideen, dass sie damit glatt noch andere Museen versorgen könnten. Das Plakat von "Drama Queens" ist übrigens als Filmplakat gestaltet. Jetzt hoffen alle auf ein Happy End.

Info Gustav-Heinemann-Straße 80, Leverkusen, bis 15. Januar. Öffnungszeiten: Do. 11-21, Di., Mi., Fr., Sa., So. 11-17 Uhr.

(B.M.)
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