Düsseldorf Peter Handke zurück in Düsseldorf

Düsseldorf · Der Autor las aus seinen Übersetzungen und bereitete mitgebrachte Steinpilze.

Über 15 Jahre ist es her, dass Peter Handke zuletzt in Deutschland aus seinem Werk gelesen hat. Dass den Reisewilligen der Weg wieder hierhin führte, ist darum eine kleine Überraschung. Dass aber ausgerechnet Düsseldorf sein Ziel war, ist mehr als das. Schließlich war es die Landeshauptstadt, die ihm ihren nach Heine benannten Persönlichkeitspreis erst zu- und nach erregter Debatte über das Verhältnis des Dichters zum damaligen Serbenführer Milosevic wieder absprach. Sieben Jahre ist das her.

Und nun ist Peter Handke — 70 Jahre alt — zum Poesiefest des Heine Hauses doch wieder in der Stadt: gelassen, ohne Arg, heiter fast. Ende der 1960er hat Handke auch in Düsseldorf gelebt, ließ seine Wohnung von einem Freund bemalen, einem jungen, damals komplett unbekannten Filmemacher namens Wim Wenders. Gemeinsam sind sie viel ins Kino gegangen und haben sich am Bahnhof jede Ausgabe der Zeitschrift "Melody Makers" gekauft.

Es war die erste große Zeit des Dichters: Mit seinem Auftritt in Princeton hatte er kurz zuvor die in die Jahre gekommene Gruppe 47 und mit seiner "Publikumsbeschimpfung" auch das Theater aufgemischt. Seine Erzählungen von jenen frühen Jahre beendet Handke nur, weil eher "die Sonne untergehen würde", als dass alle Düsseldorfer Geschichten erzählt wären. Der Autor ist auch ein großer Ironiker und hinterfragt die immer etwas eigenartige Bühnenpräsentation: "Wenn wir allein am Tisch säßen, würden wir nicht so sprechen, oder?", fragt er Moderator Norbert Wehr. Gekommen aber ist Handke gar nicht als Dichter, sondern in der weit bescheideneren Rolle des Übersetzers von Dimitri T. Analis, dem 2012 verstorbenen griechischen Dichter. Einen verlorenen Dichter nennt Handke ihn und lässt uns merken, dass jeder Dichter für ihn ein verlorener ist.

Und wenn er seine Analis-Übersetzungen liest, scheint ihn das mehr anzustrengen als jede Antwort auf prekäre Fragen. Als sei jedes Wort ungeschützt und müsste wieder neu gefunden werden. Dann macht er die Vorleserin der Originaltexte noch auf einen Fehler aufmerksam. Das ist die Schauspielerin Sophie Semin und Peter Handkes Ehefrau. Worauf sie ihm auf der Bühne der Kunstsammlung verspricht, fortan auch auf seine Fehler umgehend hinzuweisen. Ein kleiner, herzlicher Schlagabtausch unter Eheleuten.

Dass Peter Handke als Reisender auch ein großer Wanderer ist, belegt nicht nur sein eher grobes Schuhwerk. So klagt sein Übersetzer Zarko Radakovic über gemeinsame, anstrengende Erkundungstouren quer durch Serbien. Später wird Handke wie beiläufig sagen, dass 30 Kilometer am Tag durchaus zu schaffen seien. "Darüber hinaus wird es militärisch", meint er.

Hernach ein Abschiedsessen für Handke in kleiner Runde. Antipasti stehen bereit; doch ist das für ihn nicht das richtige. Er selbst hat für alle Steinpilze mitgebracht und gibt sogleich ein paar Hinweise: Auf keinen Fall Zwiebeln, sagt er. Nur Butter, oder Olivenöl ohne andere Geschmacksnote. Und dann die Pilze rein in die Pfanne. Von seinem neuen Buch war mit keinem Wort die Rede; es wurde schmackhaft zubereitet. Sein Titel: "Versuch über den Pilznarren".

(RP)
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