Nobelpreis für Chemie Nobelpreis für alltagsnahe Computer-Software

Stockholm · Die Forschung der Nobelpreisträger belastet das Vorurteil, dass sich ihr Wirken nur selten auf das tägliche Leben auswirkt. Beim Chemie-Nobelpreis 2013 ist das anders. Martin Karplus (83), Michael Levitt (66) und Arieh Warshel (73) erhalten den Preis für eine Computersoftware, die in vielen Forschungseinrichtungen fester Bestandteil des Alltags ist.

Heute ist es üblich, dass die Entwicklung eines neuen Werkstoffs oder eines Medikaments am Rechner beginnt.

Wenn beispielsweise Mediziner ein Protein gefunden haben, das für den Körper wichtig ist, können sie sein Verhalten am Computer simulieren und nach Arzneistoffen suchen, die Krankheiten verhindern. Erst danach werden aussichtsreiche Substanzen auch im Labor getestet.

Die drei Preisträger haben die Gesetze einer chemischen Reaktion in ein Computerprogramm verwandelt, welches das Verhalten jedes einzelnen Elektrons simuliert.

Als Martin Karplus und Arieh Warshel 1972 an der Universität Harvard ihr erstes Computermodell auf der Grundlage der Quantentheorie vorstellten, ernteten sie zwar Anerkennung, aber die von ihnen berechneten Moleküle waren viel zu klein, als dass sie als Muster für biologische Systeme hätten taugen können.

Doch schon vier Jahre später gelang der Durchbruch mit einer Software, die sich leicht auf verschiedene Modellsysteme übertragen ließ.

Die Programme wurden zu kleinen Kameras, um Proteine und Enzyme bei der Arbeit zu beobachten. Sie haben einer verborgenen Wissenschaft ein Gesicht gegeben. Auf dieser Basis sind Tausende Filme entstanden, die in jeder Wissenschaftssendung zu sehen sind, wenn biologische Prozesse dargestellt werden. Martin Karplus war einer der ersten, der überhaupt Computersimulationen erstellte.

Der gebürtige Österreicher floh mit acht Jahren vor den Nazis in die USA, hatte aber dennoch mit 23 schon seinen Doktortitel — beim Doppel-Nobelpreisträger Linus Pauling.

Michael Levitt, ein gebürtiger Südafrikaner mit britischem, israelischem und amerikanischem Pass, brachte sein großes Wissen über die komplexen Strukturen in der Biologie ein. Arieh Warshel hatte in Israel am Golem programmiert, einem der ersten Großrechner seiner Zeit. Alle drei arbeiten für Elite-Universitäten in den USA.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort