Neues Museum für NRW

Holzwickede Zum Auftakt gibt es eine Auswahl von 80 "Frauen(an)sichten". Die Gemälde ersteigert Frank Brabant immer noch selbst. "Meist im Schlafanzug auf dem Sofa", sagt der Sammler mit einem Augenaufschlag, der einen an dieser Geschichte zweifeln lässt. Einen ausgeschlafenen Eindruck macht er allemal. Sonst wäre es ihm wohl nicht gelungen, eine hochkarätige Sammlung von mehr als 400 Bildern zu erwerben. Rund 80 sind in der Schau "Frauen(an)sichten" zu sehen, mit der in Holzwickede nach zweijähriger Restaurierung das "Haus der Moderne" eröffnet – ein neues Museum für NRW. Im einstigen Lehngut von Haus Opherdicke soll die Sammlung des Wiesbadener Kunstliebhabers Frank Brabant eine feste Bleibe finden.

Mit den Frauenansichten zeigt sich die Sammlung zum Auftakt also von ihrer schönsten Seite und führt ein in eine Zeit, in der sich das Frauenbild zu wandeln begann. Waren Frauen lange in der Kunst der Männer nur als Muse und Modell geduldet, eröffneten sich ab 1919 mit der Weimarer Verfassung neue Möglichkeiten. Frauen erhielten das Wahlrecht und konnten an Kunstakademien studieren. Nicht mehr nur wie Charlotte Behrendt in der 1901 von Lovis Corinth gegründeten "Malschule für Weiber" lernen und dilettieren. Lovis Corinths Rückenakt seiner Schülerin zeugt von dieser Epoche. Typisch im übrigen, dass die Elevin von 1901 zwei Jahre später Corinths Gattin wurde. Das Bild von 1912 ist eines der früheren aus der Sammlung, die ihren Schwerpunkt auf Werke des Expressionismus legt, ergänzt durch Arbeiten des Impressionismus, der Neuen Sachlichkeit bis hin zu einigen Bildern der deutschen Nachkriegsmoderne.

Doch die Sammlung Brabant wartet nicht nur mit großen Namen auf wie Max Pechstein, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Hofer oder Käthe Kollwitz. Auch Künstler der zweiten Reihe sind zu sehen, die heute fast vergessen sind. Etwa Alfred Hoffmann, Georg Tappert, Otto Möller oder Gerta Overbeck-Schenk.

Seit 40 Jahren sammelt der 1938 in Schwerin geborene Frank Brabant, der 1958 in den Westen ging. Weil sein Vater in Mainz lebte, ließ sich der Zwanzigjährige in Wiesbaden nieder. Das erste Geld verdiente er als Versicherungsvertreter. Später machte er in Wiesbaden die Diskothek "Pussycat" auf, die ihm seine Sammelleidenschaft finanzierte.

Manchmal ging er über die Schmerzgrenzen. Wie bei Noldes "Mädchenkopf", der in der Eröffnungsausstellung ebenfalls gezeigt wird. Der Verhandlungspoker um das Blatt mit einer zähen Konkurrentin aus den USA endete in einem nicht geplanten Kredit. Jetzt hängt Noldes Aquarell im Turmzimmer des Wasserschlosses Opherdick. Ist erst die nötige Stiftung gegründet, will der Kreis Unna, ähnlich wie auf Schloss Cappenberg, wechselnde Sonderausstellungen im Haus der Moderne zeigen, deren Grundstock die Sammlung Brabant sein soll. Eine der besten deutschen Privatsammlungen an einem herrlichen Ort über dem Ruhrtal gelegen. Das ist auch der Beweggrund, warum Brabant die Bilder nach Unna geben will und nicht nach Wiesbaden oder Schwerin, die ebenfalls ein Auge darauf geworfen haben. "Ich will, dass die ganze Sammlung zu sehen ist, und nicht nur Jawlensky und Nolde und der Rest im Depot eines Museums verschwindet."

Info "Frauen(an)sichten. Mutter - Muse - Femme Fatale", Haus der Moderne in Holzwickede, Dorfstraße 29, Di-So 10.30 Uhr bis 17.30 Uhr, bis 10. Juli www.kulturkreis-unna.de

(RP)
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