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Konzert in Köln "U2" singen für Henriette Reker

Köln · Die irischen Superstars widmeten bei ihrem ersten Auftritt in der Lanxess Arena Kölns verletzter OB-Kandidatin Henriette Reker einen Song. Der Abend war als Rock-Oper über das Leben von Sänger Bono angelegt.

Köln: U2 rockt die Lanxess-Arena
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U2 rockt die Lanxess-Arena

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Foto: dpa, hka

Und dann unterbricht Bono das Lied vor dem letzten Refrain. Er fordert alle auf mitzusingen, er möchte, dass man gemeinsam für den Frieden singt. Man möge für die Friedensstifter in der Welt singen, bittet er, und für Syrien und Israel. Und dann sagt er noch, dass man auch für Henriette Reker singen solle, die am Morgen bei einem Attentat schwer verletzte Kölner OB-Kandidatin.

Er singt nun weiter, die Menschen jubeln, sie fassen es nicht. Bono biegt sich unter dem Gewicht des Liedes und des Lärms, er blickt zur Decke der ausverkauften Lanxess Arena, er schreit die berühmten Verse, und es scheint, als werde sein Hinterkopf gleich den Po berühren. Das Lied heißt "Pride (In The Name of Love)", es stammt aus dem Jahr 1984, es ist unfassbar groß, und fast jeder der 18.500 Fans singt es mit und macht es noch viel größer.

Kraftwerk: Der Auftritt in der Berliner Neuen Nationalgalerie
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Die irische Band U2 tritt zwei Mal in Köln auf, und der erste Abend ist fabelhaft. Das Programm ist wie eine Rockoper gestaltet, sie könnte "Being Paul David Hewson" heißen, das ist der bürgerliche Name des 55 Jahre alten Bono. Es geht hier um ihn, um seinen Bildungsroman, sein Erwachsenwerden, und also geht es auch um alle anderen im Raum, die denn die meisten hier wuchsen ja mit Bono auf. Vor Konzertbeginn ließ U2 denn auch Kracher aus den späten 70ern und frühen 80ern spielen. Lieder, die die Künstler als junge Männer mochten, Lieder von Iggy Pop, den Undertones und Siouxsie And The Banshees. Bono kommt schließlich zu Patti Smiths Hymne "People Have The Power" auf die Bühne, er reckt die Faust, und er erzählt, wie er zum Künstler wurde - in jenem Moment nämlich, als er 14 war und seine Mutter Iris starb. Von der Decke baumelt eine nackte Glühbirne, es ist die aus seinem Jugendzimmer, und von der Hauptbühne führt ein schmaler Steg an den Tribünen vorbei zu einer kleineren Bühne am anderen Ende der Halle. Über dem Steg hängt eine Leinwand, und darauf sind im ersten Teil der Show Bilder von früher zu sehen: Bonos Elternhaus in der Vorstadt von Dublin, seine Straße, sein Zimmer mit Kraftwerk- und Clash-Poster.

Das ist das Tolle an Konzerten dieser Band, die das Wunder vollbracht hat, mehr als 30 Jahre in ihrer Urbesetzung zusammen zu bleiben: Man merkt vom ersten Moment an ihre Energie. Sie wickeln einen um den Finger, sie brauchen nur drei Instrumente dafür und diesen charismatischen Sänger, der mit seinem blond auftoupierten Haar so mitreißend herumgockelt, über den mancher wegen seines Hangs zur Weltverbesserung spottet, und der letztlich doch Vorbild ist für alle Kollegen in der Champions League des Rock.

Das dritte Lied ist "Vertigo", und wer bis jetzt nicht wusste, ob man an den Fußsohlen Gänsehaut bekommen kann, hat nun Gewissheit. Sie spielen das frühe "I Will Follow", und dann stellen sie sich in Reihe auf dem Steg unter der Leinwand auf. Da merkt man, wie wichtig jeder Einzelne ist: Bassist Adam Clayton, der sich ein Kraftwerk-T-Shirt angezogen hat. Der virtuose und hochbegabte Gitarrist The Edge. Und Schlagzeuger Larry Mullen Jr., der auf einer Blechtrommel die ersten Takte von "Sunday Bloody Sunday" schlägt. Die vier Männer marschieren nun auf der Stelle, sie bringen eine entkernte und ergreifende Version des Hits, und über ihnen sieht man Bilder vom Blutsonntag im nordirischen Derry am 30. Januar 1972.

Es gibt eine kurze Pause, in der "The Fly" vom Band kommt, und dann stehen sie wieder da und spielen sich durch die Jahrzehnte: "Sweetest Thing", "Mysterious Ways", "Elevation". Sie bringen "With Or Without You" und "Where The Streets Have No Name". Sie haben einen in die Tasche gesteckt, auch auf den Sitzplätzen stehen alle. Und wenn es stimmt, dass sie sich dieses Programm, dieses "Zurück zu den Anfängen" ausgedacht haben, um die Sache mit dem an Apple verkauften Album wieder gerade zu biegen, dann soll das jetzt bitte vergeben und vergessen sein: 2014 hatte U2 die Platte "Songs Of Innocence" für 100 Millionen Dollar an Apple verkauft und ließ sie auf die Rechner aller Kunden des Konzerns schicken. Das vermeintliche Geschenk werteten viele indes als Trojanisches Pferd, das statt Soldaten Songs enthielt. Es gab heftige Kritik, und Bono fühlte sich alsbald zu einer Entschuldigung gedrängt: Asche auf mein Haupt.

Einer der Höhepunkte des zweieinhalbstündigen Abends ist dann "Bullet The Blue Sky" vom Meisterwerk "The Joshua Tree" (1987). Das ist ein extrem schroffes Lied, man sieht passend dazu Projektionen von zerbombten Städten auf der Leinwand, Flüchtlingselend, Polizeigewalt. The Edge steckt zusätzlich Scherben und Dornen in den Song, Bono singt durch ein Megaphon, er rappt geradezu, und das ist alles so wütend, giftig und brutal, dass man sich tatsächlich an Rage Against The Machine erinnert fühlt. Wahnsinn.

Vor den Zugaben spricht der Physiker Stephen Hawking den total pathetischen, aber auch total wahren Satz "Wir sind alle Zeitreisende, die zusammen in die Zukunft aufbrechen." Togetherness also, Zusammenhalt, und man nickt noch und seufzt, als "One" erklingt, dieses erhabene Stück Pop. "We're one, but we're not the same", heißt es darin, und: "We get to carry each other".

Beim Rausgehen schaut man sich um, blickt in glückliche Gesichter und denkt: Mensch, Bono!

(hols)
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