Konzert in Köln Sting garfunkelt mit Paul Simon

Köln · Die beiden Superstars gaben ein gemeinsames Konzert von 15.000 Fans in Köln. Der großartige Abend dauerte rund drei Stunden.

 Auch beim Konzert in Amsterdam am 16. März standen die beiden Stars gemeinsam auf der Bühne.

Auch beim Konzert in Amsterdam am 16. März standen die beiden Stars gemeinsam auf der Bühne.

Foto: dpa, stephan mb

Und weil Konzerte immer auch Erinnerungen produzieren, würde man sich wünschen, dass man bitte niemals die Szene vergisst, in der Sting und Paul Simon "Fields Of Gold" singen, dieses unfassbar schöne Lied des Mannes, der einst der Kopf von The Police war.

Sting übernimmt die erste Strophe, sein Vollbart klebt wie ein Hornissen-Nest an seinem Kinn, dann stimmt sein Kumpel aus New York ein, und der wirkt, als habe er gerade erst ein Pastrami-Sandwich am Hudson River gegessen: "Will you stay with me / Will be my love?" Paul Simon flüstert nur, er wispert, und im Hintergrund klopft sanfte Percussion. Es kribbelt zuerst auf der Kopfhaut und dann auf dem Rücken, und es fühlt sich sehr gut an.

Zwei Superstars geben ein gemeinsames Konzert vor 15.000 Fans in der Lanxess Arena in Köln. Der 63 Jahre alte Sting und sein zehn Jahre reifere Kollege Paul Simon, der bei Simon & Garfunkel stets als erster genannt wurde. Sie leben im selben Apartment-Haus am Central Park, sie sind Freunde, und als ein Benefiz-Auftritt sie vor zwei Jahren zusammen auf eine Bühne brachte, machten sie ein Projekt daraus. "Es war ein Experiment", sagt Paul Simon auf der Bühne, "aber es fühlt sich inzwischen ganz natürlich an."

Beide haben ihre Bands dabei, 14 Musiker spielen in ihrem Rücken, darunter drei Schlagzeuger, und die veranstalten eine Weltreise: Sounds aus Brasilien, Südafrika und Louisiana geben der Veranstaltung etwas Offenes, Improvisiertes. Sting und Simon beginnen mit drei gemeinsamen Liedern. Sie sehen lustig aus nebeneinander, der Lange und der Kurze, aber rasch wird deutlich, was die beiden Köpfe eint: Die Suche nach der perfekten Verbindung aus eingängiger Melodie und zu Herzen gehender Textzeile.

Jeder spielt zwei eigene Sets mit einer Handvoll Songs. Dazwischen gibt es jeweils ein Duett, das zwar stets spannend anzusehen ist, aber musikalisch nicht immer so gelungen wie beim Auftakt. Bei "Mrs. Robinson" etwa simonisiert Paul Simon ziemlich schön, aber Sting mag nicht garfunkeln, er ist halt Sting, und deshalb harmonisieren sie nicht, sondern ringen miteinander. Anne Bancroft jedenfalls, der das Stück im Film "Die Reifeprüfung" zugeeignet war, wird auf einer Wolke über der Arena gesessen und so spöttisch gelächelt haben wie damals bei Dustin Hoffman. "Fragile" hingegen ist wieder großartig, eine gedämpfte Trompete tupft i-Punkte auf die Verse, Stings Bass brummt wehmütig vor sich hin. Melancholie passt besser zu diesem Duo als Heiterkeit.

Die Lichtregie ist grandios. Das Arena-Konzert fühlt sich an, als finde es im Club statt. Und die Solo-Sets waren Ereignisse. "Für jede Verfassung im Leben gibt es einen Song von Paul Simon", sagt Sting, "auch für das Heimweh." Er spielt Simons "America" auf der Gitarre, und während das Lied verebbt, hängt ihm jemand seinen Bass um, und Sting beginnt übergangslos "Message In A Bottle". Überhaupt Stings Bass: Er sieht inzwischen aus wie das, was man vom Inneren eines Baumstamms sieht, nachdem der Blitz eingeschlagen hat: Splittrig, geschunden. Sting streicht ganz hinten am Griffbrett mit dem Daumen über die Saiten, und was an Tönen heruntertropft, formt sich zu dem Klassiker "So Lonely". Er bringt "Walking On the Moon" und "Englishman In New York". Später lässt er "Roxanne" in "Ain't No Sunshine" von Bill Withers übergehen. Er schmunzelt, als er sieht, wie die Leute von ihren sitzen springen. Er weiß, dass es gut ist.

Während Sting jedem seiner Musiker seinen Auftritt gönnt, auch dem Tuba-Spieler und dem Akkordeonisten, geht es bei Paul Simon feiner zu, minimalistischer. Seine Stücke muten wie Jazzstandards an, sie sind komplexer als die von Sting, und auch den Moment, da er "50 Ways To Leave Your Lover" beginnt, möchte man nie vergessen. Simon steht mit offenem Hemd am Mikrofon, er sieht irgendwie begossen aus, er fügt sich in die Rolle, die er für diesen Song spielen muss, und dann spricht er mit dieser wunderbaren Stimme eine der grandiosesten ersten Zeilen der Popgeschichte: "The problem is all inside your head, she said to me." Er spielt "You Can Call Me Al", "Graceland" und "Still Crazy After All These Years". Die Menschen drängen nach vorne, sie lassen sich nicht länger zurückhalten: Da breitet gerade einer die vergangenen 50 Jahre vor ihnen aus.

Als Zugabe kommt nach rund drei Stunden "Bridge Over Troubled Water" im Duett. Das ist schräg und toll zugleich, und es ist so unfassbar, dass man gar nicht anders kann, als es im Gedächtnis zu behalten.

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