„Scheiß Wessis“ So klingt die neue Single der Toten Hosen

Die Band feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag mit einem Album und einer Tournee. Als Auftakt zum Jubiläum erscheint heute die neue Single. Sie ist ein Freundschaftsprojekt mit dem Rostocker Rapper Marteria.

 Die Toten Hosen mit Marteria (r.).

Die Toten Hosen mit Marteria (r.).

Foto: dpa/Chris Schwarz

Das ist ein guter Beginn: „Hejo, so schön, euch zu sehen“ lautet die erste Zeile des neuen Lieds der Toten Hosen. Und sie passt natürlich perfekt, denn man wird der Band in den kommenden Monaten häufiger begegnen. Sie feiert ihren 40. Geburtstag, ein Album ist für Ende Mai angekündigt, und dann beginnt auch schon die Tournee. Man könnte also sagen, diese Single ist so etwas wie die Ouvertüre zum Fest.

 „Scheiß Wessis“ heißt sie, sie erscheint heute, und man sollte das Stück als das nehmen, was es ist: die Hälfte eines Kumpelprojekts, zu dem unbedingt auch der Song „Scheiß Ossis“ des Rostocker Rappers Marteria gehört. „Doppel-A-Seite“ sagte man, als man noch in Vinyl-Singles mit Vorder- und Rückseite dachte, und weil es sich anbietet, bringen die Toten Hosen die beiden Kompositionen in limitierter Auflage tatsächlich auch auf kleinformatigem Vinyl heraus.

 Die Toten Hosen lassen ihren Beitrag als Gute-Laune-Hymne starten, bald merkt man aber, dass der Text sarkastische Rollenprosa ist, ein Spiel mit Stereotypen. „Wollt ihr Austern und Champagner, kommt zu uns ins KaDeWe / den Krebs könnt ihr behalten in Eurer Charité“, heißt es da. Und: „Wiesenhof und Tönnies, Biofleisch mit Tradition / Bei uns gibt’s Kaviar selbst in der Bahnhofsmission.“ Die voluminöse Komposition folgt dem klassischen Toten-Hosen-Aufbau, sie drängt auf den Refrain zu, der mit Blick auf die Arenen getextet wurde und sicher eindrucksvoll selbstironisch klingt, wenn 50.000 ihn in Köln oder Düsseldorf mitsingen: „Hurra, Hurra, wir scheiß Wessis machen immer alles klar.“

 Marteria legt das Gitarrenarrangement in seinem Song eine Etage tiefer, spricht ein lässiges Intro und gibt nach 30 Sekunden Beats dazu. „Wir scheiß Ossis, wir sind die, die keiner fragt / Heute ziehen wir blank am FKK.“ Marteria bringt Vers um Vers, der sich als T-Shirt-Spruch eignet: „Uns hat der Westen verpennt“ etwa. Und: „Bier vor Talent“. Oder: „Asbest as you can.“ Außerdem natürlich: „Ihr fahrt mit Porsche zum Ball / Doch wir waren vor euch im All.“ Aber vor allem: „Ja, wir sind von gestern / Doch wer hat hier die Tesla-Fabrik?“

 Es ist ein musikalisches Ping-Pong-Spiel, das zunächst die Gegensätze betont, um schließlich Brücken zu bauen. Der Sprecher im Hosen-Stück zieht sich am Ende „mit Leipzig und Seele“ zurück und genießt Rotkäppchen-Sekt, der ihm unerwartet gut schmeckt. Und auch bei Marteria wird es schließlich versöhnlich: „Dieses Land hat immer noch zwei Teile / Lass das mal ändern.“ Wiedervereinigung vollzogen, gefühlte Mauer gefallen, mehr als 30 Jahre nach der aus Stein.

 Während die vor zwei Wochen erschienene neue Rammstein-Single „Zeit“ auch wegen des Videoclips mit Soldaten im Einsatz wie ein Kommentar zur Weltlage anmutet, wirkt das Thema von „Scheiß Wessis“ klassischer. Die Toten Hosen schreiben im Begleittext zur Produktion: „Als wir die Songs vor drei Monaten eingespielt haben, war die Welt noch ein andere. Mit dem Beginn von Putins Angriffskrieg gegen die  Ukraine ist nichts mehr, wie es vorher war. Vielleicht ist auch unser Thema dadurch etwas in den Hintergrund gerückt, aber letztendlich sind diese Lieder auch ein Plädoyer für das Zusammenwachsen, für das Gemeinsame und für die Freundschaft.“

Campino und Marteria sind seit Jahren befreundet. Marteria schrieb etwa an Texten für das Album „Ballast der Republik“ mit , die Söhne der beiden seien wie Brüder, schwärmte er in einem Interview.

 „Scheiß Wessis“ wird auch auf der Werkschau „Alles aus Liebe: 40 Jahre Die Toten Hosen“ enthalten sein, die am 27. Mai erscheint. Dafür hat die Band Klassiker remixt und sieben neue Stücke produziert.

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