CD-Kritik Sabrina Setlur: Rot

Die Farbe der Liebe löst bei der Rapperin aus Frankfurt Wut aus. Ihr "Du-liebst-mich-nicht"-Konzept funktioniert auf dem sechsten Album noch, kommt nun aber mit Beats daher, die unverschämt nach Zukunft klingen.

Die Karriere der Rapperin Sabrina Setlur
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Foto: 3P

Wenn Sabrina Setlur auf ihrem neuen Album behauptet, sie sei die deutsche Madonna, dann hat sie Recht. Denn wie bei der amerikanischen Madonna kommt es bei ihr schon lange nicht mehr auf ihr Können als Künstlerin an, sondern vor allem auf ihr Talent als Projektionsfläche: für clevere Kampagnen, begleitenden Tratsch und musikalische Zukunftsentwürfe. Im Gegensatz zur amerikanischen Madonna besitzt Sabrina Setlur sogar einen Vorteil: Sie muss keinen exil-afghanischen DJ aus Pariser Szeneclubs engagieren, um einen neuen Sound zu finden. Sie hat Moses Pelham. Und der hat für das neue Setlur-Album "Rot" und den deutschen Hip-Hop unerwartete und mächtige Fortschritte komponiert.

Pelham hatte bereits auf den jüngsten Samplern seines Labels gezeigt, dass seine Reise in Richtung Jazz des jüngeren Mannes geht: in Richtung Elektro. Auf "Rot" hat der Produzent aus Frankfurt-Rödelheim diesen Ansatz schlicht radikalisiert. Er beginnt mit Nummern, die nach alter Schule klingen, aber auf strom-schwangeren Beats basieren und steigert sich über die Digital-Disco hin zu heftigem Techno. Und selbst wenn der musikalische Hintergrund zurückhaltend bleibt, bastelt Pelham aus Tonnen und Tönen ungewöhnliche Rhythmen, die erst einmal unbrauchbar für den HipHop scheinen.

In diesen und nur in diesen Momenten zeigt Sabrina Setlur, dass Pelham sie nicht nur deshalb so gern hat, weil sie mit mehr als zwei Millionen verkauften Platten und drei Echos zu den erfolgreichsten Solokünstlerinnen des Landes zählt und als Ex-Affäre von Boris Becker auch beim Friseur Gesprächsthema ist. Wenn das Tempo anzieht, hält Setlur locker mit, wenn Old-School-Verse erwartet werden, dann ist sie eben noch deutlich älter als ihre 33 Jahre. Wenn die Stücke allerdings normal sind, dann ist deutlich zu hören, dass sie die Reime zu stark betont und dass das Prollige wohl nie aus ihrer Stimme verschwinden wird.

Zum Glück taucht dann meistens der Mann auf, der mit "Rot" eigentlich seine zweite Platte vorlegt: Sebastian Hämer. Der Mann, der singt und klingt wie Xavier Naidoo, im Gegensatz zum Sohn Mannheims aber noch gerne bei Pelham arbeitet, gestaltet fast alle Refrains. Gemeinsam mit Cassandra Steen, der anderen Wunderstimme aus dem Hause 3P, bringt "Sommer-unseres-Lebens"-Hämer das Album höher und weiter.

Textlich tut sich derweil nicht viel in der Welt der Sabrina Setlur. Wie in ihrem größten Hit "Du liebst mich nicht" kämpft sie vorwiegend mit dem Umstand, dass die Liebe des Lebens offenbar nicht in Rödelheim und Umgebung wohnt. Dass sollte sie aber weder dem Schicksal noch den dazugehörigen Typen besonders krumm nehmen, denn im einzigen Liebeslied der Platte, "Fühlt sich gut an", ist die Fremdschäm-Grenze schnell passiert. Und das beste Stück der Platte ist das reduzierte-melancholische "Bald vielleicht o.k.".

Pelhams Glück scheint vollendet: Ihm fällt auch nach 18 Jahren im Geschäft noch ein Haufen guter Ideen ein, und er weiß im Haus auch noch eine Marketingabteilung, die das dem Rest des Planeten sehr nett sehr schmackhaft macht. Das 3P-Team hat die Internetseite www.rot.fm entwickelt, auf der Fans die neue Platte kennen lernen und selbst ein Teil davon werden können. Auf der Seite gibt es ein Instrumental-Stück, auf das die Nutzer rappen, singen oder sprechen können und das dann unter dem Titel "Das Leben in Rot" veröffentlicht wird.

(RP)
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