Der 44-jährige Raphael aus Bochum ist einer der Ersten, der am Freitagmittag aufs Festivalgelände gelassen wird. Unter seinem Vollbart macht sich ein breites Grinsen breit, als er durch den Eingang geht. „2019 war ich das letzte Mal hier“, sagt er. „Es tut gut, wieder am Ring zu sein.“ Seit Mittwoch zeltet der Bochumer mit seinen Freunden in der Eifel. Das ist seine Art, um einmal pro Jahr aus dem Alltag auszubrechen. In den vergangenen beiden Tagen gab es „keine Alternative, keine Konzerte. Wir haben uns sogar schon E-Bikes gekauft, um rauszukommen“, sagt er. Die Donots wollte er sehen, das restliche Line-up habe er sich nicht genau angeschaut. „Das ist mir am Ende auch egal – Hauptsache Festival.“

Bis Sonntagabend spielen knapp 70 Bands auf den drei Bühnen, die auf dem Rennstreckengelände aufgebaut worden sind. Am Freitag standen nach den Donots unter anderem  Måneskin, Broilers, The Offspring, Marteria und Green Day auf der Bühne. Am Samstag folgen die Sportfreunde Stiller, Placebo, Muse und Casper. Am Sonntag endet Rock am Ring unter anderem mit Korn, Volbeat und den Beatsteaks. Für Samstag und Sonntag gibt es laut Homepage auch noch Tageskarten.

Eine solche Tageskarte haben sich Fabi und Micha aus Köln (beide 38) für den Freitag gekauft. Sie stehen in der ersten Reihe, als die Donots auf die Bühne kommen. Die vergangenen zwei Jahre haben sich die Rockfans mit Streaming-Konzerten über Wasser gehalten – „aber das ist nicht dasselbe. Seit Kurzem besuchen sie wieder kleinere Musikveranstaltungen. Rock am Ring ist das erste große Konzert für sie nach Corona. „Wir hatten es erst vor Kurzem“, sagt sie. Angst vor einer erneuten Ansteckung haben die beiden nicht. Und: „Das Leben geht weiter.“

Corona ist auf den Zeltplätzen und vor den Bühnen kein Thema: Ein Mindestabstand ist unmöglich einzuhalten, Maske trägt kaum ein Ringrocker. David aus Remscheid ist jetzt zum zehnten Mal bei Rock am Ring. Mit sechs Kumpels zeltet er seit Mittwoch im Schatten der Nürburg. Wenn er am Montag zurückfährt, macht er aber einen Coronatest – „um auf Nummer sicher zu gehen“.

In diesem Jahr steckt erstmals nicht mehr Festivalerfinder Marek Lieberberg hinter der Organisation des Megaevents, sondern Matt Schwarz mit seiner Agentur DreamHaus. Er möchte Rock am Ring nachhaltiger aufstellen. Neben Mehrwegbechern gibt es Mehrwegbesteck mit einem Pfandsystem. Die Müll soll erfasst werden, um daraus Schlüsse für die kommenden Jahre ziehen zu können. Aus Zelten, die nach dem Festival von den Besuchern zurückgelassen werden, sollen Taschen, Rucksäcke und Jacken gefertigt werden. Die ökologischen Initiativen „tentation“ und „Utopia“ wollen mit diesem sogenannten Upcycling regionale faire Jobs schaffen, wie die Veranstalter erklären. Die Gewinne sollen in ökologische und soziale Projekte fließen.

Ingo Knollmann ringt kurz nach dem Auftritt seiner Band nach Worten. Der Donots-Sänger erklärt nach dem Eröffnungskonzert im Gespräch mit unserer Redaktion: „Das war eine komplette Gefühlsexplosion. Das hat so unendlich viel Spaß gemacht.“ Den Geheimauftritt der Toten Hosen haben er und seine Bandkollegen sogar vor ihren Freunden nicht erwähnt, verrät er: „Man muss sein Glück ja nicht herausfordern…“ Mit den Düsseldorfer Punkrockern verbindet die Ibbenbürener Band eine 20-jährige Freundschaft. „Und unter Freunden ist das nur ein Anruf: Habt Ihr Bock?“ Die Hosen hätten nicht gezögert und sofort zugesagt. „Schöner kann es nicht sein“, sagt Ingo Knollmann. Und: „Heute ist ein guter Tag.“ Das haben sich am ersten Tag von Rock am Ring wahrscheinlich viele Besucher gedacht.