Musikfestival am Nürburgring Die Gesichter von Rock am Ring 2018
„Ja, mir geht‘s gut“, versichert er und zittert dabei ein wenig. 13 Grad, Regen - da bedarf es mehr als ein Schlammkostüm. „Mir gefällt das Line-up diese Jahr nicht, deshalb habe ich mir nur eine Campingkarte gekauft.“ Seit Mittwoch übernachtet er in der Eifel, viermal habe er sich seitdem bereits geduscht. Davon ist nichts mehr zu sehen. „Mir macht das Ganze hier ziemlich viel Spaß“, sagt er. Vor ein paar Jahren habe er mal einen anderen Festivalbesucher gesehen, der regelrecht durch den Schlamm geschwommen ist. Seitdem macht er es ebenfalls. Und dabei ist es ihm egal, ob der Schlamm mitten auf der Wiese durch Regen entstanden ist oder direkt vor den Dixie-Klos steht.
Christian, 26, kennt keine Scheu - ein Outfit heute? Ein String-Tanga und eine Menge Schlamm. Der Euskirchener wirft sich immer wieder in den Matsch seines Zeltplatzes und freut sich dabei seines Lebens:
Selina, 21, besucht zum zweiten Mal Rock am Ring. Und die Neusserin freut sich sehr auf besseres Wetter. „Unser Pavillon ist zum Glück stehen geblieben. Bei unseren Nachbarn sind einige Pavillions kaputt gegangen. Außerdem ist unser Zelt undicht. Das Gewitter war echt krass, wir hatten eine scheiß Nacht.“ Sie und ihre Freunde hatten die Durchsage, dass der Zeltplatz geräumt werden muss, nicht gehört. Also verbrachten sie die rund zweieinhalb Stunden während des Gewitters im Zelt. „Das war echt angsteinflößend.“
Aaron, 27, kennt Musikfestivals aus dem Effeff: Zum siebten Mal in Folge besucht er Rock am Ring, einige seiner Begleiter hat er in Wacken kennengelernt. Mit Bollerwagen, Bier, Whiskey und einer Zahnbürste („Meine habe ich zu Hause vergessen“) stellt er sich nach dem Einkauf im Supermarkt an einer Brücke unter, um bei Musik von AC/DC aus dem mitgebrachten Bluetooth-Lautsprecher durch den Regen zu tanzen: „Als Wuppertaler bin ich Kummer gewohnt, vor allem nach dem Unwetter Anfang der Woche. Uns macht der Regen nichts aus. Seltsam finde ich, dass wir unsere Antifa-Flagge auf dem Zeltplatz nicht hissen durften. ,Das könnte zu Schlägereien führen, wenn sich andere Besucher dadurch gestört fühlen‘ hat man uns gesagt. Musikalisch freue ich mich total auf Bad Religion und Good Charlotte.“
Sebastian, 18, trinkt mit seinen Kumpels ein großes Tetra-Pack Sangria. Trocken ist es in dem Gebäude direkt vor dem Festivalögelände. Draußen schlägt Starkregen gegen die Scheiben. „Außerdem haben die hier Porzellantoiletten - die Dixie-Klos auf dem Campingplatz wollten wir nicht benutzen“, sagt der Aachener. Mit einer Wildlederjacke seines Vater („Von 1954“) und zerrissenen Jeans sitzen er und seine Freunde auf dem Boden.
Sebastian erzählt vom Unwetter am frühen Freitagmorgen. „Ich konnte kaum schlafen. Ab 3.30 Uhr donnerte es, Blitze schlugen überall ein. Mein Kumpel hat vergessen, sein Zelt zuzumachen. Das stand sofort unter Wasser. Außerdem hat‘s unseren Pavillon zerrissen. Den haben wir mit Panzertape wieder repariert. Bis jetzt hält er.“ Sein erstes Rock am Ring gefällt ihm trotz allem ziemlich gut. Nur einen Kritikpunkt hat er: „Es ist unnötig, so viele Rapper hier auftreten zu lassen.“
Rebekka, 21, sitzt im Infocenter des Nürburgring und trocknet an einem Ständer für Faltblätter der Sehenswürdigkeiten in der Region ihre Jacke. Die ist leider nicht wasserdicht. Die Düsseldorferin isst gerade ein Sandwich, ihr Frühstück und Mittagessen zugleich - das erste Bier hat sie auch schon getrunken. Sie lacht viel, trotz des Wetters und den nassen Füßen. „Als wir am Mittwochmorgen angekommen sind, hatten wir traumhaftes Wetter. Wir haben Karten gespielt und Bier getrunken. Als in der Nacht zu Freitag der Regen kam, war ich erst zu faul aufzustehen. Dann ging das Gewitter los, und es war zu spät, noch ins Auto zu laufen. Wir haben es überlebt. Wir waren auch damals in Mendig dabei, als dort die Blitze einschlugen und mehrere Menschen verletzt worden sind. Das Gewitter damals war deutlich heftiger als das von gestern.“
Jannik, 20, ist noch komplett nüchtern. Es ist kurz nach 12 Uhr, der junge Student aus Haltern am See stellt sich gerade unter und wartet den Regenguss ab. Er hat den Zeltplatz und seine zehnköpfige Truppe in Regenponcho und Gummistiefeln Kur verlassen, um für den Tag einzukaufen. „Ich freue mich auf die Foo Fighters und Rise against. Die beiden Bands spielen am Sonntag. Aber auch am Samstag werden wir wahrscheinlich von mittags bis Mitternacht vor der Hauptbühne stehen: Parkway Drive, Avenged Sevenfold - das sind tolle Bands.“ Jannik ist nicht zum ersten Mal bei Rock am Ring, er kennt aber auch das Hurricane Festival in Scheeßel. „Wir haben statt einer Abi-Abschlussfahrt nach Mallorca Rock am Ring besucht. Das war vor drei Jahren, jetzt ist es schon eine Tradition.“ Wie lange die Gruppe noch an den Nürburgring fährt, ist aber unklar: „Uns gefällt die Preispolitik nicht. Die Tickets sind sehr teuer. Andere Festivals kosten bei einem vergleichbaren Line-up weniger und sind trotzdem sehr gut.“
Milan, 21, sieht müde aus. Dabei hat er das Gewitter in der Nacht komplett verschlafen. Vielleicht liegt es an dem Inhalt der Bierdosen, die sich hinter seinem Campingstuhl auf Zeltplatz 5B stapeln: „Wir haben sehr, sehr viel Spaß“, erklärt er. Der Mönchengladbacher kennt alle seine Camping-Nachbarn, mit allen hat er schon ein Bier getrunken. Oder mehrere. „Ich liebe das Festival-Feeling. Man kommt an, baut sein Zelt und den Pavillon auf - und hat sofort total viel Spaß. Das hat sich zu einer Routine entwickelt. Seit 2013 fahre ich nun schon durchgehend zu Rock am Ring. Das ist ein Event, auf den man sich das ganze Jahr freut. Und bislang war es immer eine echt coole Zeit. Ich habe noch nie ein schlechtes Rock am Ring erlebt. Eine Sache ärgert mich in diesem Jahr allerdings: Ich habe keine Gummistiefel dabei.“
Jonas, 22, kann leider nicht bis zum Ende von Rock am Ring in der Eifel bleiben: „Ich habe am Montagmorgen eine Aufnahmeprüfung“, erklärt der Musikstudent aus Nettetal-Schaag. Er verpasst daher leider eine seiner Lieblingsbands, die Foo Fighters, die erst am Sonntag um 21.30 Uhr loslegen. Aber er ist nicht nur wegen der Bands am Ring: „Ein Festival ist immer auch ein cooles Feeling: Grillen, Bier trinken, Spaß haben“, sagt er. Jonas spielt Gitarre, hat selbst eine Band. „Wir geben natürlich auch Konzerte, aber nicht in diesen Dimensionen“, sagt er mit Blick auf die 70.000 Fans am Nürburgring. Nach einem überstandenen Festival komme bei ihm immer dieselbe Frage auf: „Fahre ich kommendes Jahr noch mal? Muss ich mir das wirklich wieder antun? Aber dann werden die ersten Bands bekannt gegeben... Und ich bestelle mir mein Ticket. Das Line-up ist hier immer mega!“
Jule, 24, hat vorgesorgt: „Ich habe Klamotten für heißes Sommerwetter und für Dauerregen eingepackt“, erklärt sie. Beides hat sie bereits gebraucht, die Dülkenerin ist am sonnigen Donnerstag angereist. Regenjacke und Gummistiefel hat sie dann am Freitagmorgen ausgepackt. „Ich hatte in meinem Leben noch nie so viel Angst wie während des Gewitters gestern Nacht. Das war echt ein heftiges Unwetter. So wie die Erde gebebt hat, müssen in direkter Umgebung die Blitze eingeschlagen sein.“ Sie und ihre Festivalfreunde glühen auf dem Zeltplatz noch ein wenig vor und gehen später hoch aufs Festivalgelände. Noch regnet es. „Jetzt ist echt Scheiße, aber ich habe wasserdichte Schuhe an“, sagt sie. Ganz nach dem Motto: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung.
Sasha, 22 Jahre alt, kommt aus der Ukraine.
International geht's weiter: Jannik, 21, aus Belgien.
David, 20, aus Braunschweig.
Daniela, 30, aus Hessen.
Alexander, 26, aus der Nähe von Landau/Rheinlandpfalz.
Jasmin, 23. aus Australien.