Deutsche Künstler gesucht Plattenfirmen konkurrieren um Newcomer

Berlin (rpo). Wir sind Helden, Juli, Silbermond, Kettcar, Virginia Jetzt!, Madsen, Revolverheld - die Liste der aktuellen Deutschpop- und -Deutschrockbands ist bereits sehr lang. Und es ist kein Ende abzusehen; sehr zur Freude der großen Plattenfirmen. Erst kürzlich übernahm der Konzern Sony BMG die Hälfte des Labels Four Music der Fantastischen Vier, das Künstler wie Afrob, Freundeskreis und Gentleman unter Vertrag hat.

Der Chef der Domestic-Abteilung bei Sony BMG, Jörg Hellwig, betont: "Das lokale Repertoire ist die einzige Möglichkeit, sich selbst zu entwickeln." Internationale Künstler dagegen könne man nicht "neu hinzuerfinden". Nach Angaben von Hellwig gibt es einen starken Konkurrenzkampf der Labels um die Newcomer. So genannte Artist and Repertoire Manager gehen dazu auf Konzerte, sichten Demos, pflegen Kontakte für die Tipps von außen. Der Kampf um die Künstler spiele sich vor allem unter den großen Firmen, den so genannten Majors ab, sagt Hellwig.

Die Musikbranche suche derzeit wieder verstärkt nach "echten Talenten". "Das Publikum will wieder glaubwürdige Künstler haben", sagt der Experte. Statt auf einzelne Projekte setze die Branche auf Karrierekünstler, die komplette Alben produzierten. Der Single- und Dancemarkt verliere dagegen zunehmend an Bedeutung.

Warner-Music-Kommunikationsdirektor Benedikt Lökes sagt: "Natürlich ist lokales Repertoire für Warner Music von größter Bedeutung." Das Unternehmen baue aber keinen "künstlich aufgeblähten Künstlerstamm" auf, sondern setze auf Talente, die langfristig am Markt bestehen könnten.

"Die Plattenfirmen nehmen keinen Trend auf, sondern haben ihn selbst gemacht", sagt der Sprecher der deutschen Phonoverbände, Hartmut Spiesecke. Seiner Ansicht nach wird der Erfolg deutschsprachiger Künstler noch länger anhalten. Die Konzentration auf ein lokales Repertoire sei nicht nur kommerziell erfolgreich, sondern auch "kulturell wichtig". Deutschland habe eine eigene Musikkultur, die nun wieder stärker präsent sei.

Nach Aussage des Vorstands des Indie-Verbandes Impala, Horst Weidenmüller, starten die meisten Künstler bei einem Independent-Label. Diese kleinen Firmen hätten jedoch in der Regel wenig Geld, um ihre Künstler voran zu bringen und langfristig aufzubauen. Weidenmüller wünscht sich daher eine projektbezogene, staatliche Mittelstandsförderung für Indies. Es gebe eine starke Filmförderung, aber keine entsprechende Förderung im Audiobereich, kritisiert er.

Der Chef des Berliner Indie-Labels City Slang, Christof Ellinghaus, ist derweil überzeugt: "Man muss nicht mehr auf einem Major sein, um erfolgreich zu sein." Große Bands "machen sich selbst", betont er und verweist zum Beispiel auf Kettcar und Tomte, die bereits ihr eigenes Label "Grand Hotel van Cleef" gründeten. Seiner Einschätzung nach sind Wir sind Helden "der nächste Kandidat" für einen solchen Schritt.

(afp)
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