NTS Sessions Das Meisterwerk der Band Autechre

Das britische Duo hat für einen Radiosender fünf Sessions eingespielt. Die wurden nun gesammelt auf acht CDs veröffentlicht. Das Ergebnis ist großartig.

 NTS Sessions

NTS Sessions

Foto: label

Elektronik Diese Musik macht Arbeit, beim ersten Hören jedenfalls. Sie ist die totale Überforderung, aber wer dran bleibt, wird belohnt. Autechre ist ein Duo aus England, seit 1987 machen Rob Brown und Sean Booth unter diesem Namen Musik, und sie haben in dieser Zeit geforscht und experimentiert, sie haben Melodien erst verbannt und schließlich zurückgeholt (wenn auch nur in Spurenelementen), sie haben den Rhythmus gebrochen und Labyrinthe aus Sound gebaut.

Autechre haben fast alle Spielarten der elektronischen Musik bedient: Ambient, HipHop, Techno. Die frühen Alben „Incunabula“ und „Amber“ sind schön – jedenfalls, wenn man Eisblumen schön findet. Autechre wurden mit der Zeit härter und kälter, sie versuchten, die Mathematik zu besiegen und Klanglandschaften nicht mehr zu programmieren, sondern quasi natürlich entstehen zu lassen. Dabei verloren sie sich um die Jahrtausendwende in der Beliebigkeit, sie klangen wie die Avantgarde von gestern.  Nun sind sie indes zurück, und das neue Werk klingt so, als sei es das Ergebnis und das Ziel der jahrzehntelangen Klangforschung. Dieses Album erstreckt sich über acht CDs mit acht Stunden Spielzeit und geht zurück auf eine Folge von Auftritten beim englischen Radiosender NTS. Fünf Sessions spielten Autechre dort, die jetzt unter dem Titel „NTS Sessions“ in einer Box vom Label Warp zusammengefasst werden. Darin sind einige der besten Titel zu finden, die die Gruppe je veröffentlicht hat. Scheinbar unergründlich, regellos, neu. „Violvoic“ und „Mirrage“ seien als Beispiele genannt. Das längste Stück dauert 59 Minuten, man bekommt das aber ohnehin nicht mit, weil alle Kompositionen nahtlos ineinander laufen. Lärm und Lieblichkeit entstammen demselben Labor. Vielleicht sollte man mit Session Nummer 4 anfangen, sie ist die beste, die wärmste sogar. Große Veröffentlichung, in jeder Hinsicht.

Philipp Holstein

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