Eklat in Bayreuth Nazi-Tattoo - Bassbariton sagt Auftritt ab

Bayreuth · Bayreuth bekommt nun doch noch seinen kleinen Skandal: Der russische Bassbariton Evgeny Nikitin hat nur wenige Tage vor Beginn der Festspiele in Bayreuth seinen Auftritt als "Fliegender Holländer" abgesagt. Veranlasst zu dem Schritt haben ihn Fernsehbilder, die ihn mit einem überdeckten Hakenkreuz-Tattoo auf der Brust zeigen.

Evgeny Nikitin - Bassbariton mit Nazi-Tattoo
6 Bilder

Evgeny Nikitin - Bassbariton mit Nazi-Tattoo

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Der 38-Jährige nehme nicht teil, sagte ein Sprecher der Festspiele am Samstag in Bayreuth auf dapd-Anfrage. Nähere Angaben machte er zunächst nicht. Die Festspielleitung wolle sich demnächst zu dem Vorfall äußern, hieß es. Nikitin, der zahlreiche Tattoos auf seinem Oberkörper trägt, sollte die Titelrolle in Richards Wagners Oper "Fliegender Holländer" singen.

Offenbar wurde die Festspielleitung durch Filmaufnahmen der ZDF-Kultursendung "Aspekte" am Freitagabend auf die Tätowierung aufmerksam. In dem Beitrag sind ältere Aufnahmen Nikitins zu sehen, die ihn als Schlagzeuger zeigen. Auf seiner Brust ist ein Hakenkreuz-Tattoo zu erkennen, das mit einem anderen Motiv überdeckt ist.

In dem Beitrag, der in der ZDF-Mediathek aufgerufen werden kann, wird das Hakenkreuz-Tattoo nicht explizit erwähnt. Auf seine Tätowierungen angesprochen sagt Nikitin in der Sendung, in der Jugend mache jeder "gute, verrückte Sachen". "Alle meine Freunde hatten Tattoos, es gehörte einfach zu unserer Underground-Kultur, denn Rockmusik ohne Tattoos ist ehrlich gesagt einfach nicht seriös.

Nikitin erklärte am Samstag, er habe sich die Tattoos in seiner Jugend stechen lassen. "Es war ein großer Fehler in meinem Leben und ich wünsche mir, dass ich es niemals getan hätte", hieß es in der auf der Webseite der Bayreuther Festspiele veröffentlichten Mitteilung. Der Sänger betonte weiter, ihm sei die "Tragweite der Irritationen und Verletzungen" nicht bewusst gewesen, "die diese Zeichen und Symbole besonders in Bayreuth und im Kontext der Festspielgeschichte auslösen".

Die Festspielleitung erklärte, nach Ansicht des Regisseurs Jan Philipp Gloger sei "die künstlerische Beschädigung der Inszenierung selbst nach Einarbeitung eines Ersatzes immens". Die Entscheidung Nikitins, die Rolle zurückzugeben, stehe aber "im Einklang mit der konsequent ablehnenden Haltung der Festspielleitung gegenüber jeder Form nationalsozialistischen Gedankenguts".

Nikitin hätte laut Spielplan am kommenden Mittwoch zum Auftakt der diesjährigen Bayreuther Festspiele und dann noch fünfmal den "Fliegenden Holländer" singen sollen. Es wären seine ersten Auftritte in Bayreuth gewesen. Wer ihn ersetzen soll, war am Samstag offensichtlich noch nicht klar. Von der Liste mit der Besetzung des "Fliegenden Holländers" auf der Webseite der Festspiele war Nikitins Name gelöscht, hinter der Rolle des "Holländers" stand "N.N."

Das ausschließlich Richard Wagner gewidmete Festival in Bayreuth war in der NS-Zeit eng mit den damaligen Nazi-Größen verbandelt. Wagner, der sich immer wieder antisemitisch geäußert hatte, war der Lieblingskomponist Adolf Hitlers.

Nikitin ist ein gefragter Sänger an den großen Opernhäusern, vor allem für die schweren deutschen Rollen, für den "Holländer", überhaupt für Wagner, aber auch für Richard Strauss. Noch während seines Studiums in St. Petersburg wurde er vom Mariinsky-Theater engagiert. 2002 gab er sein Debüt an der Metropolitan Opera in New York. 2008 trat er im "Fliegenden Holländer" am Festspielhaus Baden-Baden auf. Im gleichen Jahr debütierte er an der Bayerischen Staatsoper München.

Die Bayreuther Festspiele sollen am kommenden Mittwoch (25. Juli)
mit der Aufführung des "Fliegenden Holländers" beginnen.

(APD/AFP)
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