Erstes Deutschland-Konzert der "Queen of Pop" Madonna zeigt Berlin den Stinkefinger

Berlin · Madonna hat schon immer gerne provoziert. Und auch bei ihrer Show in Berlin kam das Publikum nicht um die ein oder andere Provokation herum. Neben Spielzeuggewehren, Kunstblut und einem Beichtstuhl, kam auch noch der Stinkefinger der "Queen of Pop" zum Einsatz. Ob der wohl wirklich den Fans galt?

Madonna-Konzert mit Stinkefinger in Berlin
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Madonna-Konzert mit Stinkefinger in Berlin

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Das Blut spritzt auf die Leinwand, die Menge ist schier aus dem Häuschen: "Gang Bang" ist Madonnas dritter Titel an diesem Abend, gleich reihenweise knallt sie mit Spielzeuggewehren symbolisch die Kerle ab. Parallel zu jedem Schuss vom Band ergießt sich rote Farbe über mehrere Quadratmeter Fläche am hinteren Bühnenrand - martialisch, aber wirkungsvoll. Willkommen bei der Queen of Pop!

Madonna lässt sich vergöttern. Und sie genießt die Show. Einfach ist ihr Stil nicht, sie kann nur pompös und obzön. Vom Beichtstuhl aus steigt sie zu "Girl gone wild" direkt auf die Bühne, als Funkenmariechen gibt sie zu "Express yourself" den Takt vor, am Ende fasst sie sich zu "Celebration" wie einst Michael Jackson mehrere Sekunden demonstrativ in den Schritt.

20 Songs, zwei Stunden, kein Ton Zugabe - Madonna, das ist immer auch extrovertierte Extravaganz und extravagante Extrovertiertheit. "Godless" (gottlos) skandiert irgendwann eine einzelne Stimme aus dem Publikum, als sich Madonna lasziv am Boden räkelt. Ein Mann mit Jesus-Schriftzug auf dem Shirt steht ganz dicht am Bühnenrand.

Madonna ist - das muss man anerkennen - auch mit 53 Jahren durchtrainierter und beweglicher als manch' 35-Jährige. Auf ein absehbares Rentnerdasein schielt sie nicht, ihre Botschaft ist klar: Ich, Madonna, kann mithalten - auch mit den auf der Bühne neben mir tanzenden, gertenschlanken jüngeren Männern in Netzstrumpfhosen, hochhackigen Absätzen und mit Pailletten verzierten Hasenohren.

13.100 Fans wollten Veranstalterangaben zufolge das erste Deutschland-Konzert im Rahmen ihrer MDNA-Welttournee am Donnerstagabend in der Berliner O2World nicht verpassen, auch der zweite Auftritt am Samstagabend (30. Juni) ist ausverkauft. Am 10. Juli gibt Madonna ein drittes Konzert in Köln.

Fantastische Kostüme

In der Hauptstadt kommen ihre alten Songs "Vogue" und "Like a prayer" an diesem Abend am besten an, nahezu keinen Fan hält es noch auf dem Platz. Früher hätte man spätestens jetzt die Wunderkerzen angezündet. Heute blitzen die Fotohandys. Vermutlich könnte Madonna aber selbst in verwaschener, ausgeleierter Feinrippunterwäsche "Alle meine Entchen" trällern - sie sähe wohl auch dabei noch gut aus.

Lohnt sich also das Investment in die nicht gerade günstigen Konzertkarten? Ja, für eine tolle Bühnenshow, für fantastische und teils futuristisch anmutende Kostüme, für sehenswerte Videoinstallationen. Und ja, gesungen wird auch, ein Teil der Musik allerdings entstammt der Konserve.

Vielleicht muss man es so sagen: Das Berliner Publikum im fortgeschrittenen Alter reagiert an diesem Deutschland-ist-raus-bei-der-EM-Abend gespalten. Einige singen Madonnas Lieder auch nach Konzertende noch auf den Rängen weiter. Andere sind schlichtweg enttäuscht. "Sie kann nicht singen", kritisiert ein Besucher. Sein Begleiter moniert: "völlig übersteuert". Eine Dritte meckert: "Es war zu laut. Am Anfang habe ich gedacht, mir fliegen die Ohren auseinander."

Da ist es dann schon weit nach Mitternacht und das zweistündige Konzert gerade vorbei, die S-Bahn rumpelt von der Haltestelle Warschauer Straße Richtung Alexanderplatz, das sonore Poltern des Zuges schmeichelt dem Ohr, weil so angenehm ruhig und erholsam.

Vielleicht hatte ja auch einfach nur der Tontechniker keinen guten Tag.

(APD/sap)
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