Live-CD zur Welttournee Madonna, die Party-Maschine

Düsseldorf (RP). Die große Madonna spielt in Düsseldorf. Was einen am 20. August in der LTU Arena erwartet, lässt die erste Live-CD erahnen, die der Popstar soeben veröffentlich hat: eine präzise inszenierte Revue, die alles hat. Nur kein Herz.

Madonna startet Welttournee 2006
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Madonna startet Welttournee 2006

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Foto: AP

In der populären Kultur gibt es Phänomene, die einen ein Leben lang begleiten. Man kann sich ihrer nicht erwehren, ob man sie nun gut findet oder nicht. Madonna ist so ein Phänomen. Jeder, der heute zwischen 30 und 40 Jahre alt ist, wird ganz sicher irgendeinen Moment in seinem Leben mit Madonna verbinden, irgendeine Erinnerung an sie oder an eines ihrer Stücke haben. Pop ist eine gewaltige Globalisierungsmaschine, und Madonna bedient sie so selbstverständlich wie ihren Föhn.

1982 sind mit "Everybody" und "Burnin' up" Madonnas erste Hits erschienen, und seither bekam man zwangsläufig jede Wandlung des berühmtesten Popstars des 20. Jahrhunderts mit: von der kettenschweren Punk-Lolita über die erwachsene Frau, die noch beim Studium der Kabbala um mondäne Erotik bemüht ist, bis zur reifen Disco-Biene, die sich mit sündiger Würde ins Gymnastik-Leibchen zwängt. Karma Chamäleon.

Nun ist Madonna in eine neue Phase getreten, oder richtiger: Sie perfektioniert nun hauptberuflich das Prinzip, das allen Wandlungen zugrunde lag - das der geschäftstüchtigen Unterhalterin. Zu besichtigen sein wird das auf ihrer "Confessions"-Tournee, mit der sie am 20. August in der Düsseldorfer LTU Arena gastiert.

Was das Publikum dort musikalisch erwartet, kann man jetzt anhand der Veröffentlichung "I'm going to tell you a secret" abschätzen. Madonna hat unter diesem Titel eine DVD mit einer Zwei-Stunden-Dokumentation und eine CD mit dem Mitschnitt eines Konzertes ihrer "Re-Invention"-Tour versammelt. Nach Ansicht des selbstgefälligen und eitlen Filmes, der in gekürzter Fassung und mit mäßigem Erfolg bereits auf Pro 7 zu sehen war, wünscht man sich, man hätte besser zwei Stunden vor der Zimmerwand gesessen und Muster in der Raufaser gesucht. Das wäre amüsanter geworden, weil man bierernst vorgetragenen Esoterik-Unsinn wie "Religion führt zu Fragmentierung" und "Licht ist Mitgefühl" nicht hätte hören müssen.

Der Abend hat nur ein Thema: sie selber

Die Live-CD indes - die erste offizielle von Madonna - ist ein Ereignis, weil sie dem erstaunten Hörer zeigt, wie so ein Konzert funktioniert. Madonna will nichts Neues bieten, sie moderiert das Altbekannte und passt ihre Hits musikalisch dem Tag an, meist durch massiven Einsatz elektronischer Effekte. Sie hat den ur-amerikanischen Habitus des Entertainers angenommen, ganz in der Tradition eines Frank Sinatra. Sie führt swingend durch den Abend, der nur ein Thema hat: sie selber. Ein Madonna-Konzert ist wie Fotoalbum-Gucken: Wisst ihr noch, meine "Into-the-Groove"-Zeit? War mein Auftritt in "Evita" nicht toll? Was habt ihr damals gemacht?

Dabei geht sie gänzlich unironisch mit sich und ihrem Werk um. Der Frühachtziger-Disco-Kracher "Holiday" etwa kommt in der mächtig aufgemotzten Live-Version als beinhartes Techno-Brett daher. Madonna hat Mühe, ihren Gesang dem irren Fiepen und Stampfen anzugleichen. Sie nimmt es nicht mit Humor, sie persifliert sich nicht, wie es ein Robbie Williams in vergleichbarer Situation täte. Sie hält einfach durch, verbissen, aber verdammt professionell. Manchmal überzieht sie es allerdings, dann singt sie beispielsweise John Lennons "Imagine" und mahnt die Zuhörer in der Manier eines übermotivierten Jugendrichters, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Da muss man bei allem Respekt schon schmunzeln.

Cool, glamourös, perfekt - und auf den Punkt inszeniert

Madonnas Stimme zeigt an keiner Stelle Spuren von Anstrengung oder Erschöpfung - obwohl die 48-Jährige dauernd in Bewegung ist. Nur an zwei Stellen auf dieser CD überschlägt sie sich und zeigt, dass in der Pop-Mutti das Herz eines Party-Hengstes pumpt. Wenn sie bei "Vogue" "Get on the dancefloor!" schreit, verliert sie ebenso die Contenance wie während der ersten Takte von "Like a Prayer": "Will you get this Party started?". Alle schreien "Yeah", und damit hat sich das Ping-Pong-Spiel zwischen unnahbarem Idol und Publikum.

Ansonsten ist die Show cool, glamourös, perfekt und auf den Punkt inszeniert. Madonna weiß, dass sie keinen Soul hat, dass sie niemanden zu Tränen rühren kann und dass ihre Performance unter der auf sexy getrimmten Oberfläche nichts Körperliches ausstrahlt. Deshalb konzentriert sie sich auch auf ihre Kernkompetenz: anderen eine gute Zeit verschaffen, ein bisschen an früher erinnern und vor allem nicht angestaubt, sondern zeitgemäß wirken.

In Hollywood hat Madonna nie richtig Fuß fassen können. Nun revanchiert sie sich mit makellosen Bühnen-Revuen für die Massen. So endet denn auch die CD wie eine überproduzierte Film-Neuheit. Man ist nicht mitgerissen, man fühlt sich nicht ans Herz gefasst, sondern denkt: "Respekt, das war beeindruckend - aber was machen wir morgen?"

(Rheinische Post)
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