Liedgesang Süße Küsse von Clara und Robert beim Schumannfest

Düsseldorf · Edith Mathis und Rafael Fingerlos traten im Düsseldorfer Robert-Schumann-Saal auf.

 Edith Mathis und Rafael Fingerlos.

Edith Mathis und Rafael Fingerlos.

Foto: manuel lopez

Sagen wir es frei heraus: Rafael Fingerlos hat einen tollen Bariton, mit seinem ungemein fokussierten Aplomb wäre er locker in der Lage, noch die hinterste Wandvertäfelung im Düsseldorfer Robert-Schumannsaal aus der Verankerung zu singen. Bei der „Dichterliebe“ jedoch, Schumanns vielleicht melancholischstem, von bittersüßer Ironie gefärbtem Liederzyklus, wagt er erst gegen Ende des Konzerts jene Zwischentöne, die das wunderbar vertrackte Wesen der Musik entdecken. Da blinken erst „Am leuchtenden Sommermorgen“ die ersten lyrischen Farben aus des Sängers Kehle, das Dolcissimo des „Ich hab im Traum geweinet“ wendet Fingerlos schnell zum exaltierten, unvermittelt abbrechenden Crescendo. Das abschließende „Die alten bösen Lieder“ sucht dann wieder den Ton des Beginns auf, so makellos wie undurchdringlich.

Dabei ist der österreichische Newcomer umgeben von Musikern der sensibelsten Art. Sascha El Mouissi entlockt dem Flügel zarteste Farben, seine Vor- und Nachspiele prickeln vor Spannung, sein Begleiten ist ungemein sensibel und impulsiv. Nur am Anfang schützt er sich mit etwas viel Pedal vor der ungewohnt knalligen Akustik des Saales, in dem sich keine hundert Zuhörer reichlich verloren ausnehmen. Vor allem aber Edith Mathis, die in ihrer aktiven Zeit göttliche Mozart- und Strauss-Sopranistin, macht Fingerlos vor, wie man mit Heines Sprach-Kunstwerken umgehen kann. Ihr Rezitieren ist eben nicht sängerisch, sondern melodiös. Worte wie „Liebe“, „Seligkeit“, „Tränen“ erhalten jenen Schmelz, den man dem Sänger wünschte. Köstlich ihr spitzer Mund bei „müssen“ und „süßen Küssen“.

Denn das ist ja das Schumannfest-würdige Konzept des Abends, die „Dichterliebe“ im Zusammenhang von Heines 65-teiliger Gedichtsammlung „Lyrisches Intermezzo“ erscheinen zu lassen, aus dem die 16 Gesänge stammen. Ein ungewohntes, ein historisches, ein aktuell sehr gelungenes Format, in das sich nahtlos weitere Heine-Lieder aus Schumanns Feder einpassen, einschließlich Clara Schumanns „Ich stand in dunklen Träumen“. Fast andächtig war die Stimmung im Saal zum Schluss. Großer Applaus. Schuberts „An die Musik“ als Zugabe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort