Konzert am Freitagabend Lindenbergs Rock-Revue in Köln

Köln · Endlich wieder Panik: Das Kölner Publikum feiert Udo Lindenberg in der ausverkauften Kölner Lanxess-Arena für eine furiose Show.

 Udo Lindenberg in Aktion. (Archiv)

Udo Lindenberg in Aktion. (Archiv)

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Bevor es losgeht, stehen viele noch vor der Halle und zischen ein schnelles Kölsch. Es ist die Generation 60-Plus, die sich hier vorwiegend versammelt hat. Männer und Frauen, bunt gewandete Rentner, viele in zu eng gewordenen Konzert-T-Shirts, andere mit Schlapphut und Sonnenbrille. Dabei aber auch auffallend viele jüngere Jahrgänge, die längst noch nicht geboren waren, als der Mann, den sie am Freitagabend alle sehen wollen, den Grundstein für die deutschsprachige Rockmusik legte. Zahlreich sind sie erschienen. Das Konzert in der Kölner „Exzess-Arena“, wie sie Udo Lindenberg später nennen wird, ist ausverkauft.

Die Live-Tour 2019 startet furios. Udo Lindenberg betritt nicht einfach so die Bühne, er landet in einer Mondkapsel. Zuvor hat es tüchtig geknallt, gebrannt, geraucht und gezischt. Als sich der Kunstnebel gelegt hat, lässt sich schnell erahnen, wie der Abend weitergehen wird. Mit einer Rock-Show der Extraklasse. Das gut geölte „Panik-Orchester“ geht mit dem 70er-Jahre Stück „Honky Tonky Show“ in die Vollen und setzt mit „Ich mach‘ mein Ding“ gleich einen ersten Höhepunkt. Die ganze Halle singt mit.

Danach hat Udo Lindenberg leichtes Spiel. Zumal er gute Wechsel zwischen langsamen und schnellen Stücken, unbekannteren Titeln und großen Hits zu setzen weiß. Sein Auftritt ist eine große Rock-Revue, die den Vergleich mit internationalen Produktionen nicht zu scheuen braucht. Eine aus dem Ruder gelaufene Rocky Horror Picture Show, bei der Nonnen durch die Luft fliegen, Bischöfe strippen, Trump und Putin mit Frauen-Catchern in den Ring steigen. Zeitweise stehen inklusive Musikern bis zu 40 Menschen auf der Bühne.

Im Udo-Shuffle über die Bühne

Lindenberg selbst ist topfit. Der 71-Jährige trifft die Töne ziemlich gut, schleudert sein Mikrophon durch die Luft und legt unablässig den Udo-Shuffle aufs Parkett, der tapsige Tanz, der sein Markenzeichen ist. Dazu die lässige Sprache, der Hut, die Sonnenbrille, das Nuscheln. Spätestens, als etwa 20 Doppelgänger auf der Bühne stehen, wird klar, dass Lindenberg etwas Comichaftes hat. Er ist eine Kunstfigur geworden, aber eine, die authentisch geblieben ist. Wenn Lindenberg erzählt, dass er einmal ein „Wundertrinker“ war, muss man lachen. Wenn er aber einen Song wie „Lady Whisky“ singt, weiß man, wie nah er einmal am Abgrund stand.

Dazu verkündet er unablässig seine Botschaft. Er sagt Sachen wie „Die Menschheit muss Kriege beenden, bevor Kriege die Menschheit beenden“ und lässt bei dem Song „Ratten“ Bilder übelster Umweltverschmutzung über die Großleinwand huschen. Natürlich ist das alles einfach und reduziert, aber irgendwie hat er ja auch Recht. Die Songs, in denen es um Krieg und Umweltzerstörung geht, stammen aus den 80ern. Sie sind aktueller denn je. Dafür wird Lindenberg vom Publikum gefeiert.

Vielleicht auch deshalb, weil er nicht dem erhobenen Zeigefinger daherkommt. Es geht auch um den Spaßfaktor. Wenn er mit dem Überraschungsgast „Gentleman“ zusammen rappt, bei „Andrea Doria“ von der Bühne hüft und ein Bad in der Menge nimmt oder bei „Cello“, zahlreiche Cellistinnen vom Himmel regnen lässt und heftig mit ihnen flirtet, merkt man ihm die Spielfreude an, die er immer noch hat. Über zweieinhalb Stunden dauert das Konzert, bei dem nie Langeweile aufkommt.

Am Ende geht Lindenberg wie er gekommen ist. Er entschwebt in einer Mondkapsel. Zuvor hat er versprochen, dass er noch 30 Jahre weiter rocken will. Es wäre ihm zuzutrauen.

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