Der Musik gewordene Ferrari Testarossa Kavinsky veröffentlicht Debüt-Album "Outrun"

Paris · Es gibt Musikalben, die stark von Filmen beeinflusst sind oder auch Soundtracks, die passend zu den bewegten Bildern komponiert werden. Doch Kavinskys "Outrun" ist ein Soundtrack zu einem Film, den es gar nicht gibt. Der Franzose lässt den Hörer sein eigenes "Kopfkino" erleben.

Der Musik gewordene Ferrari Testarossa: Kavinsky veröffentlicht Debüt-Album "Outrun"
Foto: Ed Banger/Sony Music

Das Intro ("Prelude") bietet dem Hörer eine Rahmengeschichte, die durch die Bebilderung des Albums und des Booklets unterstützt wird. Sie ist so schnell erzählt wie kurios angelegt. Ein Teenager lebt ein klassisches Teenagerleben im Jahr 1986, bis er auf einen roten Sportwagen aufmerksam wird. Er hat einen Unfall bei dem seine und die Seele des Autos eins werden. Als Zombie im Geschwindigkeitsrausch jagt er über die Highways. Die einzige Person, die ihn wiedererkennt, ist seine große Liebe. Bei den brachialen Tönen aus dem Synthesizer des Intros und der einsetzenden E-Gitarre im Folgestück "Blizzard" ist die Erinnerung an die Geschichte so gut wie verblasst.

Per Vollgas im Ferrari in die 80er Jahre

Einige Elemente der Rahmengeschichte lassen den Hörer aber nicht los. Es geht rhythmisch und klanglich mit Höchstgeschwindigkeit zurück in die 1980er Jahre. Das Album wirkt insgesamt wie ein Musik gewordener Ferrari Testarossa. Ein Produkt, das bei der Vorstellung vor knapp 30 Jahren aufgrund seiner Leistung futuristisch wirkte und das für seinen Detailreichtum (Klappscheinwerfer, versteckte Heckleuchten) bekannt wurde. Heute ist das Fahrzeug kaum noch auf den Straßen zu sehen, aber dank zahlreicher Zitate innerhalb der Popkultur (z.B. bei der Serie "Miami Vice") eine Ikone.

Auch der Albumtitel stellt eine Verbindung zwischen den 80er Jahren und dem Ferrari her, so war "Out Run" der Titel eines Automatenspiels von Sega, in dem man einen Testarossa fuhr.

Der Sound, den man auf Titeln wie "Protovision" hört, ist mit seiner verzerrten Gitarre und den langezogenen Synthie-Akkorden einerseits ein Relikt einer vergangenen Zeit, aufgrund der modernen Aufnahmetechnik und eines vollen Klangs aber immernoch spannend. Bestes Beispiel für die Spannung ist "Testarossa Autodrive", bei dem Kavinsky und sein Mitproduzent SebastiAn einen interessanten Wechsel zwischen Tempo, Lautstärke und Instrumentalisierung schaffen.

Ohne Kavinsky hätte der Film "Drive" nicht funktioniert

Auf dem Album finden sich jedoch nicht nur schnelle Stücke, sondern auch atmosphärische, zu denen der Protagonist im eigenen Kopfkino nach einem anstrengenden Tag an der Küste Kaliforniens in den Sonnenuntergang fahren könnte. "Odd Look" und "Nightcall" stehen hierfür. "Nightcall" ist einer der ältern Songs von Kavinsky. Er wurde zwar nicht explizit dafür produziert, doch ohne dieses Lied hätte der Neo-Noir-Film "Drive" mit Ryan Gosling nicht funktioniert. Das Stück war das Netz, das die verschiedenen Stimmungen des Film einfangen konnte.

Eine Schwachstelle hat das Album "Outrun" alleridngs, denn mit 13 Liedern ist es verhältnismäßig kurz und die Bilder im Kopf verschwinden zu schnell. Die Assotiationen an alte Computerspiele, bekannte TV-Serien und Filme reißen dann jäh ab. Bis dahin wird man aber von der Musik getragen, die wie bei "Grand Canyon" Erinnerungen an den Tron-Soundtrack der befreundeten Band Daft Punk aufkommen lassen. Kavinsky kann seine Nähe zu anderen französischen Elektronik-Künstlern wie eben Daft Punk und Justice nicht verstecken, auch der Einfluß von SebastiAn als Ko-Produzent ist deutlich. Das erstaunt aber nicht, da sich alle genannten Künstler und Gruppen im selben Freundeskreis bewegen und aus der Schmiede des Labels Ed Banger kommen.

(ac)
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