Kluge Musik klingt gut Das Debütalbum der Konzeptkünstlerin Fatima Al Quadiri heißt "Asiatisch"

Das erste Lied ist eine Coverversion der Geständnishymne "Nothing Compares 2 U", die Prince einst für Sinead O'Connor schrieb. Hier wird das Lied allerdings mit einem Nonsense-Text versehen, und zwar auf Mandarin: Die Worte gibt es, aber sie ergeben aneinandergereiht keine Bedeutung. Die Chinesin Helen Feng singt es, es heißt nun "Shanzhai", was der Begriff ist für täuschend echt gefälschte Markenartikel. Besser hätte man diese Platte nicht eröffnen können.

Fatima Al Quadiri heißt die Produzentin, die sich das Stück für ihr Debütalbum ausgedacht hat. Die 33-jährige Künstlerin aus Brooklyn hat es "Asiatisch" genannt, denn es spielt mit der Vorstellung des Westens, wie Asien zu klingen und auszusehen habe. Das ist ein Konzeptalbum, und es hat den Vorzug aller guten Konzeptalben: Es ist nicht nur Kopfsache, sondern kann auch unvoreingenommen und ohne Grundstudium in ästhetischer Theorie gehört werden.

Fatima Al Quadiri gehört mit Cooly G und Jessy Lanza zu einer Gruppe von Soundautorinnen, die die Bassmusik nach Dubstep weiterentwickeln und mit R ‘n‘ B und Electronica kreuzen. Mit Ausnahme von "Shanzhai" gibt es nur Instrumentalstücke auf der Platte. Al Quadiri benutzt exotische Signale aus Horrorfilmen und Videospielen, um eine Atmosphäre zu schaffen, die man als "Asiatisch" bezeichnen könnte. Aber im Grunde ist das Asiatische hier bloß die Raubkopie seiner selbst. Sie mischt Computerstimmen und digitale Drums mit folkloristischen Glockenspielen und Gongs, legt Beats und Bass darunter und schafft so eine Hochglanz-Exotik, die indes eher in amerikanischen Shopping-Malls zu finden ist als in den Provinzen China.

Die Künstlerin, deren Arbeiten derzeit im MoMA PS1 in New York zu sehen sind, arbeitet seit langem mit Sounds und ihren Zuschreibungen. So hat sie religiöse Lieder nachgesungen und übereinandergelegt, und zwar schiitische und sunnitische. Sie wurde im Senegal geboren, lebte als Jugendliche in Kuwait und erlebte den Einmarsch von Saddams Truppen hautnah mit. In China war sie noch nie, ihr Asien ist eine Geisteslandschaft wie der Wilde Westen bei Karl May.

Man weiß nicht, ob "Asiatisch" nun Pastiche sein soll, Collage, Performance oder Satire. Man kann sich den Kopf darüber zerbrechen. Aber man kann auch einfach zuhören und seinen Spaß an der Musik haben. "Asiatisch" klingt nämlich verflixt gut.

(hols)
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