Zum Tod des französischen Liedermachers Georges Moustaki im Alter von 79 Jahren gestorben

Paris · "Wir haben ein Leben lang, um uns zu amüsieren, wir haben einen Tod lang, um uns auszuruhen." So sang sinngemäß Georges Moustaki in seinem Chanson "La Philosophie". Als habe der Sänger und Komponist schon geahnt, dass ihn eines Tages eine unheilbare Krankheit einholen würde - eine, die dem Meister der leisen Töne des französischen Chanson schließlich die Stimme nehmen sollte. Auch wenn einer wie Moustaki, der mit seinen Melodien und Texten mehr als eine ganze Generation geprägt hat, eigentlich unsterblich ist und schon zu Lebzeiten längst ein Mythos war.

Giuseppi Mustacchi, wie er mit richtigem Namen heißt, kommt 1934 im ägyptischen Alexandria zur Welt, als Sohn jüdisch-griechisch-italienischer Einwanderer. Er wächst im multikulturellen Umfeld auf, zwischen arabischen Märkten und den Ufern des Nil, und begeistert sich früh für das Chanson und die französische Literatur: Sartre, Gide, Camus gehören zu seinen Entdeckungen in der väterlichen Buchhandlung. Nach Beendigung der Schule landet er Anfang der 1950er Jahre in Frankreich, in einem heruntergekommenen Gebäude des 15. Pariser Bezirks, wo es, wie er sagt, "nach Katzenurin stinkt".

In Paris lernt er Georges Brassens kennen, "le grand Georges", der ihn in die Künstlergesellschaft von Saint-Germain-des-Près einführt und den damaligen Straßenmusiker ermutigt, eine Profi-Karriere einzuschlagen. Das ist der Moment, wo der junge Mann "so etwas wie eine Berufung fühlt", wie er später sagen wird; der Moment, an dem aus Giuseppe ebenfalls ein "Georges" wird und aus Moustaki ein Chansonnier.

Für Edith Piaf, mit der er 1958 eine kurze Liaison unterhält, komponiert er den Titel "Milord" und feiert damit seinen ersten Erfolg. Auf Piaf folgen weitere Liebesbeziehungen, auf "Milord" neue Highlights — "Longue Dame brune" etwa, das er im Duett mit der französischen Sängerin Barbara singt, und "Sarah", das er mit dem Schauspieler und Sänger Serge Reggiani schreibt. Den internationalen Durchbruch schafft Moustaki 1969 mit dem Hit und Album "Le Métèque" — zu deutsch: der Fremde, das sich der Chansonnier selbst auf den Leib schreibt und der sein Image am nachhaltigsten prägen wird.

Moustakis Chansons sind gesungene Poesie, zarte Worte und flinke Reime, die nach Süden, Freiheit, Träumen und Erotik klingen, aber oft auch versteckte politische Botschaften tragen - wie in "Sans la nommer" (Ohne sie zu benennen), wo Moustaki ein Loblied auf die permanente Revolution anstimmt. Mit seinen linken Überzeugungen wird der von Freiheitsliebe getriebene Non-Konformist zur Ikone der 68-er Jahre und engagiert sich mit fortschreitendem Alter auch in der Politik. 2007 zeigt er sich an der Seite der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, 2012 unterstützt er im Wahlkampf den anti-kapitalistischen Außenseiter und Trotzkisten Philippe Poutou.

Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Krankheit schon längst, seine Bronchen zu zerfressen. 2011 räumt Moustaki in einem Interview mit der Zeitung "La Croix" ein, dass er unter "irreparablen" Problemen der Atemwege leidet und "definitiv" nicht mehr als Sänger werde arbeiten können. Zwei Jahre vorher hatte er ein Konzert in Barcelona abbrechen müssen. "Il est trop tard" (Es ist zu spät), singt der Mann mit dem wallenden Bart und den glühenden schwarzen Augen noch einmal 2010 im Duett mit der israelischen Sängerin Orlika. Das sollte sein letzter Auftritt werden.

In der Nacht auf Donnerstag ist Frankreichs legendäre Stimme, der Mann, der "das Meer und die Sonne" so sehr liebte, im Alter von 79 Jahren im südfranzösischen Nizza gestorben. Er hinterlässt rund 300 teils weltberühmte Lieder und bei Fans in der ganzen Welt Erinnerungen an einen "außergewöhnlichen Menschen", wie Juliette Gréco in einer Würdigung erklärte, und an ein "musikalisches Genie", der die "Freiheit verkörperte", so Frankreichs Kulturministerin Aurélie Filipetti.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort