Partyschlager oder Glitzer-Rock Wer für Deutschland zum ESC 2023 fahren könnte

Köln · Acht Kandidaten treten am Freitag beim deutschen ESC-Vorentscheid an, nur einer schafft es ins Finale am 13. Mai in Liverpool. Das Teilnehmerfeld ist dabei so vielfältig wie lange nicht. Wir sagen, wer die größten Chancen hat.

ESC 2024: Kandidaten beim deutschen Vorentscheid - Fotos
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Das sind die Bewerber beim deutschen ESC-Vorentscheid

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Foto: dpa/Christoph Soeder

Dieser Text muss ausnahmsweise mit einem Lob an den NDR beginnen. Viel ist der Sender in den vergangenen Jahren für seine pop-lastige Künstlerauswahl gescholten worden. Die Ergebnisse beim jeweiligen ESC-Finale gaben den Kritikern recht. Bei rekordverdächtigen sechs der letzten sieben Teilnahmen wurde Deutschland entweder Letzter oder Vorletzter. Dieses Jahr hat der Sender für den Vorentscheid endlich Vielfalt ausgewählt. Vielleicht ist ja sogar ein Lied dabei, das in Liverpool nicht auf einem der letzten Plätze landen wird.

01 Trong – „Dare To Be Different“

In Vietnam ist Trong ein kleiner Star. Während einer Urlaubsreise in das Heimatland seiner Eltern gewann er 2015 die Castingshow „Vietnam Idol“. Jetzt will er mit „Dare To Be Different“ für Deutschland zum ESC fahren. Sein Auftritt ist perfekt getanzt und gut gesungen. Alles daran wirkt allerdings ein wenig zu gewollt. Trong wird sich wohl weiter auf seine Karriere in Vietnam konzentrieren können.

02 René Miller – „Concrete Heart“

Die Produzenten von „Unser Lied für Liverpool“ scheinen etwas von Spannungsaufbau zu verstehen. Die Favoriten treten allesamt erst im zweiten Teil der Show auf. Auch „Concrete Heart“ hat maximal Außenseiterchancen. Es ist ein guter Popsong, gut gesungen und gut inszeniert. Dreimal „gut“ reicht aber in der Regel nicht zum Megahit.

03 Anica Russo – „Once Upon A Dream“

Die 22-jährige Anica Russo liefert die einzige ESC-typische Power-Ballade der Show. „Once Upon A Dream“ ist so kraft- und gefühlvoll gesungen, dass es vor allem bei den internationalen Jurys gut ankommen könnte. Doch ein Ohrwurm ist das Lied nicht.

04 Lonely Spring – „Misfit“

Der Pop-Auftakt des Abends endet mit Startnummer vier. Die Alternative-Rockband Lonely Spring präsentiert mit „Misfit“ klassischen Skater-Rock im Stile von Blink-182, der durchaus Ohrwurm-Potenzial mitbringt. Leider erinnert der Liveauftritt doch eher an Schülerband als an Rockstars. Und warum stehen da eigentlich Schaufensterpuppen auf der Bühne?

05 Will Church – „Hold On“

Ganz reduziert ist das Bühnenbild bei Will Church. Der Singer-Songwriter sitzt erst vor einem Spiegel und steht dann ganz alleine auf der Bühne. Bei „The Voice of Germany“ wurde er mit seiner Version von „Arcade“, dem ESC-Siegersong des Niederländers Duncan Laurence von 2019, bekannt. Das hört man auch seinem Beitrag „Hold On“ an. Der Song wird ihm bestimmt ein paar neue Fans bereiten. Für den ganz großen Wurf fehlt allerdings das Besondere.

06 Patty Gurdy – „Melodies Of Hope“

Die Düsseldorferin Patty Gurdy mit ihrer keltischen Drehleier und ihrem Mix aus Folk und Elektro-Beats galt bereits Wochen vor dem Vorentscheid als absoluter Fan-Favorit. Live konnte „Melodies of Hope“ den großen Hoffnungen allerdings bei den Proben nicht gerecht werden. Patty Gurdy tanzt ein wenig verloren über die Bühne und trifft gerade die hohen Töne nicht wirklich gut. Da könnten am Freitagabend einige Fans enttäuscht sein.

07 Ikke Hüftgold – „Lied mit gutem Text“

Niemand stand vor dem ESC-Vorentscheid mehr im Mittelpunkt des medialen Interesses als Ikke Hüftgold. Matthias Distel, der Mann hinter der Rolle, ist einer der erfolgreichsten Partyschlager-Sänger und -Produzenten in Deutschland („Layla“). Seine Fans verhalfen ihm als Sieger eines Tiktok-Votings zum letzten Startplatz in Köln. Für viele ESC-Fans heißt es hingegen: alle, nur nicht Ikke. Sein Liveauftritt im goldenen Glitzer-Anzug ist auf jeden Fall gute Unterhaltung, der Rest ist Geschmackssache. Dass das „Lied mit gutem Text“ wirklich nach Liverpool fährt, könnte vor allem am Musikverständnis der Jurys scheitern.

08 Frida Gold – „Alle Frauen in mir sind müde“

Neben Ikke Hüftgold wären Frida Gold die in der breiten Öffentlichkeit bekanntesten Starter bei „Unser Lied für Liverpool“ gewesen. Ihr Album „Liebe ist meine Religion“ schaffte es 2013 immerhin auf Platz eins der deutschen Album-Charts. Auch die gleichnamige Single wurde ein großer Erfolg. Zum ESC wollte das Duo mit dem kunstvollen Popsong „Alle Frauen in mir sind müde“. Am Freitagmorgen (3. März) wurde allerdings bekannt, dass Frida Gold wegen einer Erkrankung der Sängerin Alina Süggeler nicht teilnehmen können. Schon am Donnerstag musste die öffentliche Probe ausfallen.

09 Lord Of The Lost – „Blood & Glitter“

Auch wenn es in diesem Jahr keinen klaren Favoriten beim ESC-Vorentscheid gibt, wären Lord Of The Lost wohl die sicherste Wahl für im Freundeskreis geplante Siegerwetten. Die Band hat ihre Ursprünge in der „Schwarzen Szene“ und war dort mit düsteren Rock-Songs erfolgreich. „Blood & Glitter“ spielt allerdings deutlich mit Genregrenzen und liegt musikalisch irgendwo zwischen Rammstein und Synthiepop. Auch live wechselt Sänger Chris Harms stilsicher zwischen sonorem Gesang und Schreien. Dazu gibt es schrille Outfits und eine Feuershow. Eine Kombination, die nicht nur in Köln, sondern auch in Liverpool funktionieren könnte.

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