Eurovision Song Contest Wer die Ukraine beim ESC noch schlagen könnte

Düsseldorf/Turin · Das ukrainische Kalush Orchestra geht als großer Favorit in das ESC-Finale am Samstag in Turin. Wir sagen Ihnen, wer die größten Konkurrenten sind, wo Deutschland landen könnte und was sonst noch spannend wird.

ESC 2023 Finale heute: Diese Länder sind drin - Alle Teilnehmer - Überblick
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Diese Länder stehen im Finale des ESC 2023

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Foto: dpa/Peter Byrne

Rund 200 Millionen Menschen werden am Samstagabend (ARD, 21 Uhr) wieder mitfiebern, wenn 25 Nationen um den Sieg beim 66. Eurovision Song Contest wetteifern. Das ESC-Finale in Turin wird gewohnt schrill und bunt, bietet allerdings auch viele ruhige Töne und erhält durch den Ukraine-Krieg eine besondere politische Dimension. Wir stellen Ihnen zehn Auftritte vor, auf die Sie besonders achten sollten.

Die politische Wahl Glaubt man den Wettquoten, steht der Gewinner des Eurovision Song Contest 2022 (fast) schon fest. Dahinter steht wohl der Gedanke, dass die Solidarität mit der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg so groß ist, dass sich das auch in der Jury- und Telefonabstimmung widerspiegeln wird. Die Musik gerät dabei in den Hintergrund. Leider. Denn „Stefania“ von Kalush Orchestra ist eine wilde Mischung aus Folk, Hip-Hop, Tanzeinlagen und bunten Kostümen. Das würde auch bei einem „normalen“ ESC gut beim Publikum ankommen, jedoch nicht gewinnen. Dafür ist der Song dann doch etwas zu sperrig.

Das Männer-Duett In anderen Zeiten stünden wohl die Chancen für einen italienischen Gastgeber-Sieg nicht schlecht. „Brividi“ (dt.: Schauder) von Mahmood & Blanco ist ein emotionales Duett über die Freiheit zu lieben, das mit seinem hohen Darbietungsniveau der Kitsch-Falle entgeht. Dass Mahmood weiß, wie man beim ESC erfolgreich ist, hat er schon 2019 in Tel Aviv gezeigt. Damals verpasste er mit „Soldi“ als Zweiter nur knapp den Sieg.

Der Raumfahrer Ungewohnt präsentiert sich in diesem Jahr Großbritannien, vor allem wenn es um die Qualität des Beitrags geht. Kämpfte das Mutterland des Pop in jüngerer Vergangenheit gerne mit Deutschland um den vorletzten Platz, gehört Sam Ryder (“Spaceman“) bei diesem ESC zu den aussichtsreichsten Teilnehmern. Der TikTok-Star (12 Millionen Fans) steht im glitzernden Hosenanzug zwischen einem blinkenden Stahlgerüst und singt davon, wie es wäre im Weltall zu sein. Das wird ihm mit Sicherheit das beste britische ESC-Ergebnis seit vielen Jahren einbringen.

Leise Töne Überhaupt scheint es dieses Jahr vor allem ein ESC der leisen Töne zu werden. Viele Länder setzen auf starke Balladen. Es werden wohl Nuancen entscheiden, ob es am Ende für einen der vorderen oder hinteren Plätze reicht. Eine der aussichtsreichsten Anwärterinen für einen Überraschungserfolg ist die Niederländerin S10, die ihren Song „De Diepte“ eine „Ode an die Traurigkeit“ nennt. Ein ganz reduzierter Auftritt mit unglaublich viel Gefühl.

Die Altbewährten Die Schweden sind Vollprofis des Eurovision Song Contest. Mit enormem Aufwand sucht das skandinavische Land jedes Jahr seinen Teilnehmer. In Turin tritt Cornelia Jakobs mit „Hold Me Closer“ an, einem perfekt produzierten Popsong, der dabei jedoch auch das Besondere hat, das schwedischen Beiträgen zuletzt ein wenig fehlte. Jakobs singt mit rauchiger Stimme über das Ende einer Beziehung und wird dabei stark in Szene gesetzt. Das erinnert an die großen Erfolge der Schweden, die zuletzt 2015 gewannen.

Die Aliens Herrlich verrückt kommen hingegen die Nachbarn aus Norwegen daher. Subwoolfer sind laut Eigenauskunft zwei Außerirdische, die davon singen, dass man dem Wolf eine Banane geben sollte, bevor er die Großmutter frisst. Im Hintergrund legt ein Raumfahrer die Beats des simpel gestrickten Elektro-Songs auf. Gewinnt sicher keinen Songwriter-Award, fällt in einem sonst sehr seriös daherkommenden Jahrgang aber 100-prozentig auf.

Die Wiederholungstäter Bereits zum dritten Mal beim ESC dabei sind die Punkrocker von Zdob și Zdub. Bei der ersten moldauischen Teilnahme 2005 landete die Band mit dem Song „Boonika bate toba“ (dt.: Großmutter schlägt die Trommel) und Platz sechs einen Überraschungserfolg. 2011 reichte es in Düsseldorf mit „So Lucky“ immerhin für Platz zwölf. Dieses Mal hat sich die Band die Unterstützung eines moldauischen Volksmusik-Duos gesichert. Das Ergebnis („Trenetul“) ist irgendwo zwischen Dorf-Volksfest und Rockkonzert anzusiedeln und ließ schon im Halbfinale in der Halle niemanden still sitzen.

Die Altstars Die bekanntesten Teilnehmer des diesjährigen ESC kommen aus Finnland. The Rasmus landeten 2003 mit „In the Shadows“ einen Welthit. Ihr Wettbewerbsbeitrag „Jezebel“ ist ein guter Song, der nicht ganz an die größten Erfolge der Band anknüpfen kann. Dass die Alternative-Rocker um Sänger Lauri Ylönen allerdings immer noch tolle Live-Künstler sind, zeigen sie auch in Turin.

Die Reinliche „In corpore sano“ von Konstrakta hebt sich von so ziemlich allem ab, was sonst auf der ESC-Bühne zu sehen ist. Die Serbin sitzt auf einem Stuhl, wäscht sich immer wieder die Hände und schildert die Angst, die bei Menschen entsteht, wenn sie alles der Gesundheit unterordnen. Das Lied, das teilweise auf Latein gesungen und gesprochen wird, wirkt wie eine Kunstperformance, entfaltet aber auch eine beinahe hypnotische Wirkung.

Und Deutschland? Für den deutschen Kandidaten Malik Harris (“Rockstars“) geht es am Samstag vor allem darum, nicht ganz hinten zu landen. Dabei hat der 24-jährige Sohn des Ex-Talkmasters Ricky Harris keinen ganz schlechten Song und auch seine intim-angelegte Performance ist besser als manches, was Deutschland beim ESC schon auf der Bühne präsentiert hat. Die Prognose: Es wird weniger peinlich als bei den freiwillig (Jendrik, 2021) und unfreiwillig (S!sters, 2019) komischen Auftritten der vergangenen Jahre. Für ein gutes Ergebnis ist der Song in einem starken Feld aber leider wieder einmal nicht besonders genug.

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