Die Fantastischen Vier im Interview "Brot-and-Peitsche-Style"
Nürburgring · Die Fantastischen Vier haben etwas zu feiern. In diesem Jahr gibt es die Stuttgarter Hiphop-Band seit 25 Jahren. Ende des Jahres wollen sie es mit einer großen Tour durch Deutschland und dem neuen Album "Rekord" zelebrieren. Am Samstag spielten sie ein umjubeltes Konzert bei "Rock am Ring" in der Eifel – das erste dort seit mehr als 20 Jahren. Unsere Redaktion traf Thomas Dürr und Andreas "And.Ypsilon" Rieke zum Gespräch.
Die Fantastischen Vier haben etwas zu feiern. In diesem Jahr gibt es die Stuttgarter Hiphop-Band seit 25 Jahren. Ende des Jahres wollen sie es mit einer großen Tour durch Deutschland und dem neuen Album "Rekord" zelebrieren. Am Samstag spielten sie ein umjubeltes Konzert bei "Rock am Ring" in der Eifel — das erste dort seit mehr als 20 Jahren. Unsere Redaktion traf Thomas Dürr und Andreas "And.Ypsilon" Rieke zum Gespräch.
Die Geschichte von "Rock am Ring" in der Eifel geht zu Ende, mit der "Grünen Hölle" soll im Juni 2015 ein neues Festival am Nürburgring entstehen. Wie seht Ihr es, wenn ein solches Kultfestival nach 30 Jahren den Standort wechseln muss?
Thomas Dürr: Ich bin sehr traurig darüber. Ich wohne nun seit 15 Jahren hier in der Eifel und bekomme natürlich den ganzen Trubel um Nürburgring mit, inklusive die Pleiten, Pech und Pannen. Für die Eifel ist "Rock am Ring" ein großes Event, seit 29 Jahren ist es für alle Einwohner das Ding hier in der Region. Ich habe sogar letztens noch einen getroffen, der sagte: "Ich war beim ersten ,Rock am Ring' dabei." Schon krass.
Andreas "And.Ypsilon" Rieke: Es ist ja nicht irgendein Schlamm-Festival, sondern es hat ein internationales Format. Das hat "Rock am Ring" ja schon immer ausgezeichnet.
Dürr: Ich finde die Entwicklung hier am Ring auf jedenfall sehr spannend. Momentan hört man ja viele Gerüchte, keiner weiß genau wie es weitergeht. Die nächsten Jahre werden die Zukunft beider Festivals zeigen.
Die Fantastischen Vier gibt es in diesem Jahr seit 25 Jahren, wie feiert ihr?
Dürr: Es ist wahrscheinlich ein bisschen so wie mit einem Geburtstag in unserem Alter. Da hast du kein Interesse, ein großes Fass aufzumachen. An meinem Geburtstag will ich nichts arbeiten, die Füße hochlegen und gut bekocht werden. So ähnlich ist es mit der Band auch — ganz entspannt bleiben. Aber als Band ist es trotzdem ein wundersames Alter, besonders wenn man mal zurückblickt und sich fragt: "Wie bin ich hier her gekommen?" Die Antwort kennt man oft selbst nicht.
Ihr feiert quasi Silberhochzeit. Seid Ihr manchmal wie so ein altes Ehepaar?
Dürr: Mit Sicherheit. Du kennst die anderen in- und auswendig. Da nervt dich natürlich vieles. Aber in anderen Momenten liebst Du die Typen, weil sie so sind wie sie sind.
Gib doch mal ein paar Beispiele.
Dürr: Puh, wo soll ich anfangen? Also Michi Beck zum Beispiel, stresst uns vor jedem Konzert mit der Setliste, lässt nicht locker, möchte immer wieder etwas ändern. Auf der anderen Seite ist er dann aber auch immer der Motor, der dann noch die letzten fünf Prozent aus dir rausholt. Und Smudo bremst uns gerne mal bei Interviews und ist da sehr professionell. An Andy nervt mich übrigens, dass er mir immer alles erklären kann. Und dabei auch immer recht hat (lacht). Das ist seine Fähigkeit: Er versteht immer alles sofort.
Andy, was nervt Dich denn an Thomas?
Rieke: Thomas propagiert seit Jahrzehnten in Interviews, dass wir unsere Verschiedenartigkeit erkannt haben und dass wir das alle gut finden — was im Übrigen gelogen ist! Aber so langsam sickert es vielleicht durch.
Dürr: Es wäre für mich natürlich viel einfacher, wenn alle so wären wie ich (lacht).
Andere Bands kommen heute nicht mehr auf 25 Jahre — hattet Ihr nicht ein paar besinnliche Momente?
Rieke: Der Fakt, dass viele andere Bands das nicht schaffen, was wir geschafft haben, hat mich schon mit ein bisschen Stolz erfüllt. Weil ich ja auch weiß, wie schwierig es ist. Es war für uns alle schwer, bis hierhin zu kommen. Man muss sich da schon durchsetzen. Und es gibt es genug Gründe alles hinzuschmeißen und zu sagen: "Ich mach jetzt was ganz anderes — und wenn ich Hartz-IV beziehe."
Dürr: Mich hat vor allem erschreckt, dass schon wieder fünf Jahre rum sind. Wir haben doch gerade erst die 20 Jahre gefeiert.
Rieke: Das ist eben das Phänomen des Alterns, die Zeit rast davon.
Hat man als junge deutsche Band überhaupt noch die Chance solange zu bestehen, wie Ihr oder zum Beispiel die Toten Hosen oder die Ärzte, die es seit mehr als 30 Jahren gibt?
Dürr: Die Chance ist da, aber die Art wie sie es machen, ist nun sicherlich anders. Das Konzept und die Modelle, wie die genannten Bands das geschafft haben, ist bestimmt nicht mehr zeitgemäß. Ein Beispiel: Wenn man früher ein Lied für die Werbung hergegeben hat, war man erst einmal ein paar Jahre verbrannt. Heute ist das scheinbar kein Problem. Viele Songs werden erst durch Werbespots bekannt. Die neuen Bands müssen halt wachsam und kreativ bleiben, dann können sie auch so alt werden wie wir.
Gibt es eigentlich etwas, das Ihr bereut?
Dürr: Na sicher haben wir Fehler gemacht. Hätten wir uns immer nur auf die Schulter geklopft, hätten wir uns sicher nicht entwickelt. Die Fehler helfen dir also am Ende auch beim Weiterkommen. Nur in dem Moment ist es bitter zu akzeptieren, dass dich die Fehler weiterbringen, die Schicksalsschläge härter machen und dich Kritik auch wachsen lässt. Es fühlt sich nie gut an, weil du natürlich willst, dass alles gut läuft. Es muss eine Mischung aus beidem sein: "Brot-and-Peitsche-Style".
Und jetzt heißt es für Euch: Auf die nächsten 25 Jahre?
Dürr: Mindestens! Da fällt mir eine geile Geschichte ein: Mick Jagger, der Chef der Rolling Stones, wurde am Anfang mal gefragt: "Glaubst du, ihr macht das noch, wenn ihr 60 seid?" Und man merkt, er glaubt selbst gar nicht daran, sagt aber: "Absolutely". Super Sache, deshalb sagen wir jetzt auch: das schaffen wir.
Rieke: Ich muss dich da aber verbessern, Thomas. Er sagte: "Easily" — was noch krasser ist. "Mit Leichtigkeit", das ist so ober-britisch. Herrlich.
Dürr: Siehst Du, da hat der Andy wieder recht. Er weiß eben alles, sag ich doch.