Gastbeitrag des Rektors der Düsseldorfer Musikhochschule Online-Unterricht am Instrument ist fast unmöglich

gastbeitrag Raimund Wippermann, Rektor der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf, sorgt sich um die Studierenden.

 Raimund ­Wippermann hält den Präsenzunterricht für Musiker für unersetzlich.

Raimund ­Wippermann hält den Präsenzunterricht für Musiker für unersetzlich.

Foto: Anne Orthen (ort)/Orthen, Anne (ort)

Die Corona-Pandemie und der Lockdown im März haben auch die Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf unvorbereitet getroffen. Die Konsequenzen bestimmten unsere Arbeit im Rektorat. Normalerweise ist unsere erste Pflicht, für alle Studierenden gute Studienbedingungen zu garantieren. In Zeiten wie diesen ist dies leichter gesagt als getan.

Zwar wurde zu Beginn des Sommersemesters der Unterrichtsbetrieb auf ein Online-System umgestellt. Unterricht in Seminarform brachte sehr positive Rückmeldungen. Doch wurde eben auch deutlich, dass der „künstlerische Kern“ an einer Musikhochschule – und das ist der Einzelunterricht im künstlerischen Haupt- und Nebenfach – sich eben nicht digitalisieren lässt: Die technischen Voraussetzungen dafür sind unzulänglich: Gemeinsames Musizieren ist auf Grund der Zeitverzögerung bei der Übertragung nicht möglich.

Die Laptop-Mikrofone und -Kameras und die Standard-Lautsprechersysteme ermöglichen nicht das Hören in der Differenziertheit, die beim Einzelunterricht erforderlich ist. Diese Defizite in Verbindung mit dem fehlenden unmittelbaren Kontakt lassen Online-Einzelunterricht – bildlich gesprochen – zum Versuch verkommen, mit einer gebrochenen Gehhilfe einen Sportparcours zu bewältigen.

Selbstverständlich haben alle Lehrenden online Einzelunterricht erteilt. Aber sie berichten eben auch übereinstimmend davon, dass sie bei Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts im Juni erhebliche Defizite – etwa im Ansatz und in der Tongebung bei den Bläsern – wahrnehmen mussten, die online nicht hörbar waren.

In einem Kraftakt hatte die Corona-AG der Hochschule seit Juni die Voraussetzungen geschaffen, dass seit Beginn des WS 2020/21 wieder so etwas wie eine „neue Normalität“ herrschte. Für alle Räume wurde mit dem betriebsärztlichen Dienst ein Hygienekonzept entwickelt, sodass Einzelunterricht wieder in Real­präsenz stattfinden konnten und auch Kammermusik und (kleinere) Orchesterprojekte wieder möglich waren.

Die Verpflichtung zur „einfachen Nachverfolgbarkeit“ machte die Einrichtung eines Online-Raumbuchungssystems erforderlich, um zu vermeiden, dass aufwendig handschriftliche Listen geführt werden müssen. Hier hat die IT unserer Hochschule ebenso schnell wie effektiv geholfen.

Die anfangs in 14-tägigem Rhythmus neu erscheinenden Corona-Schutzverordnungen mit den entsprechenden Folgedokumenten stellten die Hochschulleitung dabei vor eine fast nicht lösbare Aufgabe: Die auf der Grundlage der letzten Verordnung erarbeiteten Konzepte waren gerade fertig, da gab es schon wieder neue Regeln – man fühlte sich sehr real an den guten alten Sisyphos erinnert.

Außerdem fehlt in unserer Hochschule das Musizieren vor Publikum – und damit auch das eigentliche Ziel eines Musikstudiums. Bei den hochschulinternen Vorspielen wurde deutlich, dass unseren Studierenden die für ihren Beruf unersetzliche Praxis fehlt, die eine Routine ermöglicht, die dann auch mal über ein Lampenfieber hinwegtragen kann.

Und die größte Sorge, die ich als Rektor habe: dass der neue Lockdown für die Studierenden, die aufgrund der Corona-Krise ihre Abschlussprüfungen im vergangenen Sommer nicht ablegen konnten und auf das Ende des Wintersemesters 2020/21 verschoben haben, die erneuten Abschlussprüfungen im Januar abermals unmöglich macht. Für unsere Studierenden wäre das der Super-Gau.

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