Eurovision Song Contest Der Osten triumphiert, der Westen meckert

Frankfurt (RPO). Schrille Glitzernummern oder deutscher Swing konnten nicht überzeugen: Beim diesjährigen Eurovision Song Contest gewann Serbien mit einer schmachtenden Ballade. Roger Cicero landete nur auf Platz 19. Überhaupt dominierten die osteuropäischen Länder den Wettbewerb. Schon sprechen deutsche und Schweizer Kritiker von "Seilschaften" bei der Punktevergabe.

Die Platzierungen der Länder
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Tatsächlich machten die osteuropäischen Länder die ersten Plätze unter sich aus. Die 22-jährige Serbin Marija Serifovic verwies mit ihrem Lied "Molatvia" ("Gebet") die Ukraine und Russland auf die Plätze zwei und drei. In die Top 10 schafften es nur die Türkei (4. Platz) und Griechenland (7. Platz). Alle westeuropäischen Teilnehmer kamen lediglich in die zweite Hälfte der Rangliste der 24 Finalteilnehmer.

Kaum war die Abstimmung in Helsinki vorbei, wurde auch schon laut über die Punktevergabe unter den osteuropäischen Ländern gemäkelt. "Es gibt da Seilschaften", stimmte Deutsch-Rocker Heinz-Rudolf Kunze in den Tenor der deutschen Grand-Prix-Experten ein. Die Ostländer schustern sich gegenseitig die Punkte zu, so der unverhohlene Vorwurf. Unter den zehn Bestplatzierten sind diesmal alleine sieben Länder des ehemaligen Ostblocks. Das habe der hervorragende deutsche Titel nicht verdient, hieß es nach der Show. "Es gab keinen Beitrag, der musikalisch an Roger rangereicht hat", befand Kunze.

Einige Auftritte in Helsinki waren tatsächlich ziemlich extravagant. Der ukrainische Transvestit Verka Serduchka alias Andrej Danilko stolzierte mit einem skurrilen silbernen Sternenkostüm über die Bühne und sang sinnfreie Zeilen wie "Sieben, sieben, ailulu - sieben, sieben, eins, zwei, drei". Dagegen setzte Russland auf eine Casting-Mädchenband im schwarzen Schuluniformen-Look und typischem Britney-Spears-Sound. Frankreich ging erstmals nicht mit einem schwermütigen Chanson, sondern mit einer rockig-punkigen Parodie auf die französischen Klischees an den Start. Trotz schriller Kostüme in pink und schwarz landete die Band nur auf dem drittletzten Platz.

Televoting in der Kritik

Bei der Anzahl der Länder aus Osteuropa sei klar, dass für ein westeuropäisches Land kein Punkt mehr abfalle, hatte etwa Peter Baumann, Vizepräsident des Eurovision Club Switzerland, gesagt. Die Schweiz war mit DJ Bobo im Halbfinale am Donnerstag ausgeschieden. Auch alle anderen westeuropäischen Länder fielen beim Zuschauervoting durch.

Solange es das Televoting gebe, werde sich die Ergebnislage wohl nicht ändern, sagt Wolther. Eine 50:50-Mischung aus Zuschauervotum und Fachjurys, wie jetzt von manchen vorgeschlagen, wäre ein Weg in eine "weniger politisierte Richtung".

Roger Cicero enttäuscht

Und bei Cicero habe sich das bestätigt, was er befürchtet habe, fügt Wolther hinzu: "Dass die Swingnummer in Ost- und Südosteuropa nicht gut ankommt". Die Punkte aus Westeuropa seien vergleichsweise verhalten gewesen, was darauf hindeute, dass sich wohl weniger Westeuropäer an der der Abstimmung beteiligt hätten.

Cicero selbst hatte sich einen Platz unter den ersten zehn erhofft, eine BBC-Expertenjury sah ihn sogar auf Platz eins. Im Finale legte er einen souveränen und lässigen Auftritt hin. Elegant im weißen Anzug und Hut flirtete er mit der TV-Kamera und bekam viel Beifall. Doch am Ende reichte es nur für einen hinteren Platz in einem Finale, das sich durch Vielfalt und - meistens - Qualität ausgezeichnet hatte. "Dass es doch so extrem ausgeht, damit hatte ich persönlich doch nicht gerechnet, die Enttäuschung ist schon recht groß", sagte der 36-Jährige im ARD-Fernsehen.

(afp)
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