Beatles, Nirvana und Co. Klassiker in neuem Glanz

Düsseldorf · Der Musikmarkt wird überschwemmt von Neuausgaben alter Alben. Jubiläen und Archivfunde bieten Anlässe für Deluxe-Editionen. Wir haben die besten ausgewählt.

 Die Beatles im Sommer 1967: George Harrison, Ringo Starr, John Lennon und Paul McCartney.

Die Beatles im Sommer 1967: George Harrison, Ringo Starr, John Lennon und Paul McCartney.

Foto: dpa/Pa

In den vergangenen Monaten erschienen einige klassische Alben in neuen Ausgaben. Meistens, weil die Originale ein Jubiläum feierten. Manchmal auch, weil in den Archiven Material aufgetaucht war, das einen intensiveren Blick auf ein Meisterwerk ermöglicht. Wir stellen sieben besonders bemerkenswerte Ausgaben vor.

Garbage: „Beautiful Garbage“

Vor 20 Jahren kam dieses Album heraus, nun wurde es digital poliert und in unterschiedlich bestückten Ausgaben noch einmal veröffentlicht. Das Meisterwerk der Band um Sängerin Shirley Manson ist ja eigentlich das Debüt aus dem Jahr 1995, das Klassiker wie „Milk“ und „Only Happy When It Rains“ enthält. Aber auch „Beautiful Garbage“ ist gut gealtert. „Cherry“ Lips“ und „Androgyny“ sind großartige Popsongs, und in den Unmengen Zusatzmaterial, die die Deluxe-Ausgabe bietet, finden sich einige Stücke, die das Leben besser machen. Der elfminütige „Brothers In Rhythm Therapy Mix“ von „Breaking Up The Girl“ etwa. Und die Live-Versionen von „Shut Your Mouth“ und „Wild Horses“.

Alice Coltrane: „Kirtan: Turiya Sings“

Alice Coltrane, die Witwe von John Coltrane, lebte einige Zeit in einem Ashram, und dort nahm sie spirituelle Musik für den Gebrauch vor Ort auf. Die Kompositionen auf „Turiya Sings“ zirkulierten 1981 auf Musikkassetten und wurden nun von Coltranes Sohn Ravi für die Neuveröffentlichung von Overdubs befreit. Seine Mutter spielt Orgel und singt dazu, und wer sich darauf einlässt, hört meditative Musik, die ausatmeten lässt.

The Beatles: „Let It Be“

Die definitive Ausgabe zum 50. Geburtstag der letzten Beatles-Platte. Hier sollte das Motto „Je mehr Material, desto besser“ lauten, deshalb kommt man an der Deluxe-Ausgabe mit 5 CDs kaum vorbei. Wobei auch die 2CD-Edition viel Zusatzmaterial bietet. Das Album selbst hat eine neue Stereo-Abmischung bekommen. Außerdem darf man sich über Studiokonversationen freuen, über wunderbare Demoversionen von „Get Back“ und „The Long And Windig Road“ und den bislang unveröffentlichten Glyn-Johns-Mix von „Across The Universe“. Im reich bestückten Booklet wird diese finale Phase im Zusammenspiel der Beatles beleuchtet. Zu jedem Song werden die Begleitumstände der Aufnahme geschildert.

Nirvana: „Nevermind“

Auch schon 30 Jahre alt: das zweite Album von Nirvana mit den Hits „Smells Like Teen Spirit“, „Come As You Are“ und „In Bloom“. Schlagzeuger Dave Grohl hatte kurz zuvor Aaron Burckhard abgelöst, und der Hype war so groß, dass sich die Platte 300.000 Mal pro Woche verkaufte, als sie in den amerikanischen Charts auf Platz eins stand. Inzwischen gehört „Nevermind“ zu den meistverkauften Alben, und tatsächlich ist das heute noch eine schlüssige und vor allem kraftvolle Veröffentlichung. Man hört sie, und es kommt einem zu Bewusstsein, dass sie wahrscheinlich die letzte Jugendbewegung auslöste, die von Rockmusik begleitet wurde. Etwas mehr als zwei Jahre, nachdem „Nevermind“ herauskam, starb Kurt Cobain. Die Jubiläumsausgabe kommt in verschiedenen Konfigurationen, in der größten sind vier komplette Konzerte von der Tournee zur Platte enthalten.

Rolling Stones: „Tattoo You“

„Start Me Up“ gehört zu den bekanntesten „neueren“ Songs der Stones, und er eröffnet dieses Album, das bereits vor 40 Jahren erschienen ist. Die Songs entstanden bei früheren Aufnahmesessions, weswegen auch der 1974 ausgestiegene Gitarrist Mick Taylor wieder auf „Tattoo You“ zu hören ist. Das Faszinierende an dieser Platte, die ursprünglich bloß den Anlass für eine Mega-Tournee liefern sollte, ist, dass sie trotz dieser Entstehungsgeschichte wie aus einem Guss wirkt und noch immer toll klingt. Die erste Seite versammelt schnellere, die zweite die langsameren Songs, und mit „Waiting On A Friend“ steht am Ende ein weiterer großer Hit. Zum Jubiläum ist eine Ausgabe mit fünf LPs erschienen, aber auch die Version mit zwei CDs lohnt sich. Sie enthält eine „Lost & Found: Rarities“-Bonus-Disc mit neun zusätzlichen Songs, die in der gleichen Zeit wie das ursprüngliche Album aufgenommen wurden.

Beach Boys: „Feel Flows“: The Sunflower & Surf’s Up Sessions 1969 - 1971“

Auf der größten Konfiguration dieser Neuausgabe sind sahe und schreibe sechseinhalb Stunden Musik versammelt. Und, ehrlich: Der erste Hör-Durchgang ist ein ziemlich schönes Ereignis. Vielleicht wird man zu dem Gros des Materials nie wieder zurückkehren. Aber man hat doch einen guten Überblick darüber bekommen, wie sich diese Band zu Beginn der 1970er Jahre neu aufgestellt hat. Neben den remasterten Original-Alben „Sunflower“ und „Surf’s Up“ gibt es Mengen an Zusatzmaterial aus den Aufnahmesessions, Outtakes, Demos, Livemitschnitte und alternative Versionen. Besonders toll sind die isoliert dargereichten Background-Gesänge und die A-Cappella-Versionen. In mehreren Varianten enthalten ist natürlich auch jener Song, der ein klasse Lebensmotto abgibt: „Add Some Music To Your Day“.

John Coltrane: „A Love Supreme: Live In Seattle“

Genau genommen ist dieses Album gar keine Neuauflage, es ist in dieser Form nämlich nie zuvor nicht erschienen. 1965 veröffentlichte John Coltrane sein Meisterwerk „A Love Supreme“. Eine „bescheidene Opfergabe“ an Gott nannte Coltrane das Werk, das er selten live aufführte. Umso sensationeller ist dieser Fund aus den Archiven: Coltrane spielte es im Oktober 1965 komplett in Seattle, das Konzert wurde privat mitgeschnitten. Der Auftritt fand im Sextett statt, das neben dem „klassischen Quartett“ mit Pianist McCoy Tyner, Bassist Jimmy Garrison und Schlagzeuger Elvin Jones, aus Pharoah Sanders (Saxofon) und Donald Garrett (Bass) bestand und zeitweise um Carlos Ward (Saxofon) erweitert wurde. Die Spielzeit ist doppelt so lang wie das originale Album. Ganz großes Erlebnis.

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