Kritik an Band in Chemnitz Wer ist eigentlich Feine Sahne Fischfilet?

Düsseldorf · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird stark kritisiert, weil er Werbung für das Konzert in Chemnitz am Montagabend machte. Der Grund ist eine Band aus Rostock, die als linksextrem gilt.

 Der Sänger der deutschen Punkband „Feine Sahne Fischfilet“, Jan „Monchi“ Gorkow, steht beim Musikfestival Rock im Park auf der Bühne.

Der Sänger der deutschen Punkband „Feine Sahne Fischfilet“, Jan „Monchi“ Gorkow, steht beim Musikfestival Rock im Park auf der Bühne.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die Einladung zum Konzert unter dem Motto „#wirsindmehr“ in Chemnitz haben weit mehr als 100.000 Menschen bei Facebook geteilt. Einer von ihnen ist Frank-Walter Steinmeier. Der Bundespräsident machte auf seiner offiziellen Seite Werbung für das Ereignis mit sieben Bands, und dafür wird er nun stark kritisiert. Unter den Künstlern ist nämlich auch die Gruppe Feine Sahne Fischfilet aus Rostock. Die ist umstritten, unter anderem, weil es in einigen ihrer Liedtexte um Gewalt gegen Polizisten geht. Feine Sahne Fischfilet wurde im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern geführt und gilt als linksradikal. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte: „Das, was wir wollen, ist, unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat gegen rechts zu schützen. Und wenn man das dann mit denen von links tut, die genau in der gleichen Art und Weise auf Polizeibeamte verbal einprügeln, dann halte ich das für mehr als kritisch.“ Sie sagte, sie kenne Amtsvorgänger Steinmeiers, „bei denen ich sicher bin, dass sie das so unkritisch nicht unterstützt hätten“. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass ein Politiker wegen dieser Band Probleme bekommt. Als Feine Sahne Fischfilet vor zwei Jahren mit den Toten Hosen bei einem Konzert gegen Rechts auftrat und der damalige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sie bei Twitter für ihr Engagement lobte, wurde er ebenfalls angegriffen.

Was ist das für eine Band?

Feine Sahne Fischfilet wurde 2007 von sechs Schulfreunden gegründet und gehört inzwischen zu den erfolgreichsten Rockbands in Deutschland. Das aktuelle Album „Sturm und Dreck“ erreichte Platz drei der Charts. Ihre Konzerte sind in der Regel ausverkauft, sie spielten bei „Rock am Ring“ und als Vorband für Broilers, Beatsteaks und Tote Hosen. Sie machen altmodischen, geradlinigen Punkrock mit deutschen Texten. Sänger Jan „Monchi“ Gorkow ist auch auf dem neuen Album der Rapper Casper und Marteria zu hören. Vor wenigen Wochen kam der Dokumentarfilm „Wildes Herz“ ins Kino, für den der Schauspieler Charly Hübner die Gruppe auf Tournee und in ihrer Heimat begleitete. Die Produktion bekam den Preis des Goethe-Instituts.

Ist die Band radikal?

Chemnitz: Tausende protestieren gegen Rechts und gegen Flüchtlinge
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Tausende protestieren in Chemnitz gegen Rechts und gegen Flüchtlinge

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Sie wurde über mehrere Jahre hinweg in den Verfassungsschutzberichten des Landes Mecklenburg-Vorpommern erwähnt. Man warf ihr „linksextremistische Bestrebungen“ vor. Sie stehe konträr zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, hieß es. „Die Gruppe versteht Gewalt als legitimes Mittel der Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und verbreitet diese Ansicht auch.“ 2011 verlinkte die Band auf ihrer Homepage auf ein Plakat mit einer Anleitung zum Bau von Molotowcocktails. 2012 sangen sie die Zeile „Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck“. In dem Song „Staatsgewalt“ von 2011 besingen sie Gewalt gegen Polizisten: „Wir stellen uns in einem Trupp zusammen / Und schicken den Mob dann auf euch rauf! / Die Bullenhelme, die sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein!“

Wie steht die Band zu den Vorwürfen?

Im März wurde die Band in einem Interview auf die Erwähnungen im Verfassungsschutzbericht angesprochen. Sie entgegnete: „Wir wollten da nie rein.“ Von vielen der frühen Songs hat sich die Band mittlerweile distanziert. Das Lied „Staatsgewalt“ spielt sie schon lange nicht mehr. Seit 2016 wird Feine Sahne Fischfilet nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt. In Interviews äußern sich die Musiker kritisch gegenüber Ausschreitungen bei linken Demonstrationen. Über die Gewaltexzesse beim G20-Gipel in Hamburg sagten sie: „Wir solidarisieren uns mit vielen, finden aber manches auch total bescheuert. Natürlich geht es gar nicht, bei G20 Autos anzuzünden.“

Was ist die Motivation der Band?

Die Musiker sind in der mecklenburgischen Provinz aufgewachsen, in Orten wie Loik in Vorpommern. Sie kamen früh in Kontakt mit Neonazis und Rechtsextremisten, die ihre Konzerte besuchten. Sie grenzten sich gegen diese Gruppierungen ab. So organisierten sie in Jarmen ein Musikfestival gegen Rechts. Sie veranstalten Lesungen, Diskussionen, Fußballturniere und Konzerte in Gaststätten und Dorfzentren, um die Einwohner vor Ort auf die Gefahr eines Rechtsrucks aufmerksam zu machen. Mit der Kampagne „Noch nicht komplett im Arsch“ schaltete sich die Gruppe 2016 in den Landtagswahlkampf ein: Auf Kundgebungen machte sie Stimmung gegen NPD und AfD. Man wolle außerhalb der „hippen Großstädte“ etwas gegen Rassismus tun. Sänger Jan Gorkow engagierte sich für die Rechte von Flüchtlingen und organisierte außerdem einen Hilfsgüter-Konvoi nach Syrien. Nach eigenen Worten geht es der Gruppe darum, „der Wut gegen Rassisten, Sexisten, Homophobie und den Staat eine Stimme zu geben und Neonazis entgegenzuwirken“.

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