Songwriter-Legende Bob Dylan wieder auf Tour

Düsseldorf (RP). Bob Dylan bräuchte das nicht mehr. Er könnte seine Gitarre an die Wand hängen, sie sich aus einem Schaukelstuhl ansehen und dürfte sich jeden Tag aufs Neue bestätigen, dass alle Songwriter nach ihm sowieso nur Kopien waren.

 Bob Dylan lässt sich ungern vereinnahmen und widersetzt sich immer wieder gerne den Erwartungen.

Bob Dylan lässt sich ungern vereinnahmen und widersetzt sich immer wieder gerne den Erwartungen.

Foto: AP

Dieses Klopfen auf die eigene Schulter würde dem Mann aus Duluth/Minnesota nicht genügen. Dylan braucht den Tourzirkus. Warum auch sollte er abtreten? Die jüngere Gegenwart meint es gut mit ihm.

Im Mai wird Dylan 66 Jahre alt. 1941 kam er als Robert Allen Zimmermann zur Welt. In seiner Autobiografie "Chronicles" schreibt er: "Wer um diese Zeit geboren wurde, oder am Leben war, der konnte spüren, wie ein Zeitalter verging und ein neues anbrach." Dylan liebte das Vergangene (zumindest musikalisch) und strebte doch nach Neuem. Ein Dualismus, der nur selten passgenau unter einen Hut zu bringen ist. Was also mag noch kommen für einen, der 1961, im Alter von 20 Jahren, in New York seine ersten größeren Konzerte gab?

Aktuell und anachronistisch

Dylans Musik besaß schon immer die Eigenschaft, in einer seltsamen Melange sowohl aktuell als auch anachronistisch zu sein. Er schrieb Protestsongs, als kaum jemand was zu meckern hatte. Als dann 1968 alle meckerten, da hielt er sich zurück. Auch in Deutschland hingen sie an seinen Lippen. Aber diesem Land blieb Dylan, der als Enkelkind jüdisch-russischer Einwanderer zeitweise zum Christentum konvertierte, lange fern. Im Lied "With god in their side" vom 64er-Album "The times they are a-changin‘" singt er: "Als dann der Zweite Weltkrieg zu Ende war / Vergaben wir den Deutschen / Und wurden Freunde / Obwohl sie sechs Millionen ermordeten / Haben die Deutschen jetzt auch / Gott auf ihrer Seite.” Solche Worte saßen.

Es sollte noch bis 1978 dauern, ehe Dylan in Deutschland auf Tournee ging. Zuerst zwei Konzerte in der Dortmunder Westfalenhalle, danach der Rest der Republik. Dylan war nicht mehr auf dem Zenit seines Könnens. In Berlin flogen zu Reggae-Rhythmen Wasserbeutel auf die Bühne. Wenige Tage später spielte er auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg, dem ehemaligen Reichstagsgelände. Die Masse jubelte, doch Dylan fühlte sich unwohl: "Ich als Jude vor so vielen Menschen auf diesem Platz. Das hätte mich fast umgebracht." Einmal in Deutschland aufgetreten, kam er jedoch auf den Geschmack.

"Modern Times"

Der Auftritt in der Düsseldorfer Philipshalle wird der 119. Auftritt in Deutschland sein, das dritte Konzert der aktuellen Tournee "Modern Times". In Berlin gastierte Dylan insgesamt zwölf Mal, in Hamburg elf Mal, in München sieben Mal, in Hannover und Stuttgart fünf Mal. In Dylans Autobiografie ist ein Dialog übermittelt, in dem er seinen Manager bittet, in den Städten aufzutreten, die er bereits einmal besuchte. Sein Manager wiegelt ab: Billy The Kid hätte auch nie eine Bank zweimal überfallen.

Seit 1987 verbittet sich Dylan einen Titel für seine Programme. "Neverending Tour" nennt es sich in ironischen Variationen. Dahinter versteckt sich für Fans die Sehnsucht, dass der, der da kommt, ewig kommen möge. Und ein wenig strahlt Dylan ja auch die Aura des Heilsbringers aus.

Vorerst ist also keinerlei Ende in Sicht.

(RP)
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