Beyonce und Jay-Z in Köln Das Königspaar des Pop

Köln · Der größte Popstar der Welt und einer der begabtesten Rapper aller Zeiten: Beyoncé und Jay-Z traten in Köln auf. 50.000 Fans erlebten eine überwältigende Show. Das Paar inszenierte seinen glamourösen Ehe-Blues in Perfektion.

Köln: Beyonce und Jay Z auf der Bühne im Rheinenergiestadion
4 Bilder

Beyonce und Jay Z auf der Bühne im Rheinenergiestadion

4 Bilder
Foto: Robin Harper/Parkwood Entertainment/PictureGroup/Robin Harper

Man sieht die beiden zuerst nur auf der Mega-Leinwand, sie stehen in einem Fahrstuhl und kommen herab. Dann teilt sich das Bild, und sie treten auf die Bühne, jetzt in echt. Hand in Hand, ernste Gesichter, großes Drama. Kunstnebel steigt auf, der Wind steht in Beyoncés Haar. Sie singt die ersten Verse von „Holy Grail“, und die enden schmerzhaft schön: „Why I love you so much.“

Sie lassen einander nicht los, sie schauen sich an. Er steht in einem weißen Anzug da, und man merkt, es juckt ihn, aber er muss still sein, ein paar Sekunden noch. „One Day you care, you’re so unfair“, singt sie, dann geht ein unglaubliches Beat- und Bassgewitter auf das Stadion nieder. Sie springt zur Seite, flippt herum, und Jay-Z wirft sich in Pose und schleudert den Fans die berühmten Zeilen von Nirvana entgegen: „We’re stupid and contagious.“ Die Strass-Steinchen auf den gereckten Handyhüllen der 50.000 Zuschauer glitzern im Stroboskop-Blitz. Here we are now: Die Königin ist da. Und sie hat ihren Mann dabei.

Beyoncé und Jay-Z treten im Rheinenergie-Stadion auf, und es ist ein irrer Abend. Der größte weibliche Popstar der Welt und einer der begabtesten Rapper aller Zeiten. Das Power-Paar des Pop, geschätztes Vermögen: etwas über eine Milliarde Dollar. Sie schenken sich längst keinen Schmuck mehr, sondern Wertschöpfungsketten, und deshalb veranstalten sie diese Tournee. Join forces, verdopple die Action, die T-Shirts am Merchandising-Stand kosten denn auch 40 Euro. Rührend: Im Stadion hängt ein Werbebanner der Kreissparkasse Köln, während die beiden Finanzromantiker ihren Ehe-Blues zelebrieren.

Denn darum geht es in dieser Show: 18 Jahre Beziehung, zehn Jahre Ehe, drei Kinder. „A match made in heaven“, sagt ein englisches Sprichwort. „Unter jedem Dach ein Ach“, sagt ein deutsches Sprichwort. Beide haben recht. Denn dieses vom Leben beschenkte Paar hatte ja gerade eine Krise. Er soll sie betrogen haben. Das hat sie auf dem Ehebruch-Album „Lemonade“ angedeutet, worauf er das Reue-Album „4:44“ nachschob, das wiederum in das gemeinsame Versöhnungsalbum „The Carters“ mündete. „Gut, dass ich dich nicht umgebracht habe“, singt sie, und er nickt betroffen und schluckt schwer. Nochmal macht er sowas jedenfalls nicht.

Die Show, das kann man nicht anders sagen, ist der Hammer. Zweieinhalb Stunden Alarm, man kommt nicht zum Luftholen. Sie singen zusammen „On The Run“ und „Drunk In Love“, dann singt er zwei oder drei Lieder alleine, und sie zieht sich derweil um, und dann singt sie alleine, damit er sich etwas anderes überwerfen kann. Es ist wie ein Abend bei befreundeten Milliardären, von denen sie allerdings ein wenig interessanter ist als er. Die beiden zeigen Dias von früher, als sie noch Motorrad-Outlaws in der Gosse waren, schön in HD auf einer LED-Wand. Sie inszenieren sich als „Bonnie & Clyde“, so heißt ja auch ein berühmter gemeinsamer Song, und sie berichten, wie sie es geschafft haben nach ganz oben. In dem vor zwei Wochen veröffentlichten Video zum Song „Apeshit“ posieren sie im Louvre und klotzen ziemlich rum. Ihre Ur-Ur-Enkel werden noch so reich sein, dass sie auf der Forbes-Liste stehen, singen sie. Das Lied spielen sie hier übrigens nicht, genau genommen gar nichts vom neuen Album; maximale Verschwendung also, muss man sich leisten können. Und das können sie: Die Setlist umfasst trotzdem 36 Stücke.

Beyoncé: makellos, perfekt, ultraprofessionell. Sie marschiert über den zweigeteilten Steg, der weit ins Publikum reicht. Sie singt „Flawless“ und „Naughty Girls“. 12 Tänzerinnen folgen ihr. Hinter ihr öffnet sich die Leinwand und gibt eine Art vier Etagen hohes Industriegebäude frei. Darauf musizieren eine rot gekleidete Marching-Band, zudem Streicher. Tänzer in Gucci-Klamotten. Der Wind bläst ihr ins Haar, und sie will, dass alle so sind wie sie: „I wanna see you!“, ruft sie. „Come on!“ „Jump!“ Insgeheim freut man sich sehr über die zwei Makel, die man während der Show an ihr bemerkt: 1. Ihr langer linker Ohrring verfängt sich einmal in ihrem Haar, und sie muss ihn aus der Mähne befreien. 2. Sie schwitzt. Herrlich menschlich.

Jay-Z: früher Drogen-Dealer, schwierige Kindheit. Dann selbsternannter CEO des HipHop. Jetzt Symbol neuer Maskulinität. Sieht super aus mit dem etwas längeren Haar. Steht aber manchmal verloren da. Das Fachblatt „InStyle“ berichtete jüngst, dass sie mit 85 Millionen Jahreseinkommen inzwischen doppelt so viel heimbringt wie er. Und als er seinen alten Hit „99 Problems“ rappt, der von den Freuden der Breitbeinigkeit handelt, und dazu eine kugelsichere Weste trägt, wirkt das tatsächlich arg oldschool. Man stellt sich vor, was sie hinter der Bühne denken mag: Andere Männer gehen am Vatertag auf Sauftour, er macht halt sowas.

Das Publikum: total toll. Kennt jede Zeile, ruft ständig „O My God!“. Ist im Rausch. Und sieht umwerfend aus. Adiletten mit Pelzbesatz. Cleopatra-Lidstrich. Rote Kleider, Abendkleider, lange Kleider. Strahlend weiße Turnschuhe. Hohe Hacken. Dialog aus der überfüllten Bahn zum Stadion: „Meinetwegen können wir die letzten Meter auch laufen.“ - „Never! Nur weil Du flache Schuhe anhast!“ Manche tragen Sportswear von Beyoncés Firma Ivy Park. Alle sind völlig aus dem Häuschen. Selbst der Mann, der auf den Rängen aus einem Rucksack heraus Bier verkauft, kann nicht anders: Er vergisst das Geschäft und filmt das Bühnengeschehen.

Die Show hat eine politische Note. Es geht um den Aufstieg nicht irgendeines, sondern eines schwarzen Paares. Sie spielen Nina Simone und zeigen Bilder aus dem schockierenden Video „This Is America“ von Childish Gambino. Sie erzählen, wie schwierig der Aufstieg für sie war, und dass sie das Leben at the top nun um so mehr genießen. Businesspartners in Crime. Man sieht sie auf der Leinwand in einem Zimmer voller Dollarscheine. In jeder Hinsicht: In dieser Beziehung geht es um Noten.

Als es fast zu Ende ist, drehen Queen Bey und Jay-Z noch einmal auf. Die Bühne hebt sich und fährt über den Steg durch das Publikum. Er singt „Niggaz in Paris“, dazu gibt es Pyrotechnik, die einem die Hitze ins Gesicht treibt. Sie singt „Crazy In Love“, „Formation“, das ist der Gral. Dann lässt sie das Wort „Feminist“ auf die Leinwand schreiben. „Who run the world“, fragt sie: „Girls!“. Zusammen bringen sie „Forever Young“. Sie schäkern, strahlen einander an, und ehrlich: Die beiden zusammen, das sieht man schon gerne. Die Bossin mit ihrem Paulus. Bey-Z.

Aber dann sind sie weg. Die Dunkelheit ist nun bloß noch schwarz und nicht mehr glamourös, und es funkelt gar nicht mehr.

Love is a four letter word. Sale aber auch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort