„Die Ärzte“-Schlagzeuger Punkige „Großfresse“ und „Autor ohne Allüren“ – Bela B wird 60

Berlin · Mal ist er Dirk Felsenheimer, meist Bela B. Und immer Künstler. Da vergeht schon mal die Zeit dahin. Nun wird der Schlagzeuger der Band Die Ärzte 60.

Bela B von Die Ärzte wird 60: Das ist der Musiker - Fotos
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Das ist Bela B

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Ein paar Kissen in Spandau können auch die Basis für eine Punk-Karriere sein. In dem Berliner Stadtteil dienen sie dem kleinen Dirk Albert Felsenheimer als Schlagzeugersatz. Dirk macht schnell Fortschritte. Etwas Übung in der Schule, ein paar Bands - und schon steht Bela B am eigenen Drum-Set. Als Schlagzeuger der von Fans gefeierten Berliner Band Die Ärzte kann er inzwischen auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Bela B wird am Mittwoch (14.12.) 60 Jahre alt.

Weil es etwas durcheinander gehen könnte, eine Erklärung zum Namen vorweg. „Bela B ist auch eine Kunstfigur geworden, das hat vom Gefühl her nichts mit Arbeit zu tun, sondern nur damit, Teil einer geilen Band zu sein“, erklärt das der Künstler in einem seiner jüngsten Gespräche mit der Deutschen Presse-Agentur. Der Vorname stammt wegen eines Faibles für Horrorfilme vom Dracula-Darsteller Bela Lugosi. Das B kommt von Barney Geröllheimer, dem Kumpel der Comic-Figur Fred Feuerstein. So wurde der Musiker mitunter genannt wegen der Nachnamen Felsen- und Geröllheimer.

Noch als Dirk versucht sich der junge Punk in bürgerlichen Berufen. Eine Ausbildung bei der Polizei schmeißt er nach ein paar Wochen hin, auch als Schaufensterdekorateur und Herrenausstatter hält er es nicht lange aus. Er steht auf Glamour-Rock - Sweet, Slade und bis heute: Kiss. Suzi Quatro himmelt der Jugendliche an. Mit 16 wird er zum Punker.

Nach einigen Band-Projekten spielt er bei Soilent Grün, der Name ist angelehnt an den Science-Fiction-Horror-Streifen „Soylent Green“. Der Gitarrist der Band büßt bei einem Konzert sein Instrument ein. Jan Vetter hat eine intakte Gitarre und steigt ein. Als Farin Urlaub und Bela B werden die beiden 1982 Die Ärzte, die sie als selbst ernannte „Beste Band der Welt“ gründen, am Bass zunächst mit Hans „Sahnie“ Runge, dann Hagen Liebing, inzwischen Rodrigo González.

Auf der Bühne sind Bela B und Farin Urlaub ein eingespieltes Duo. Schräge Wortspiele, platte Witze, kluge Dialoge - alles ist möglich und wechselt ständig. Als Sparringspartner will Bela B nicht im Hintergrund am Drumset sitzen. Er spielt sein Schlagzeug im Stehen.

Das Selbstbewusstsein der Band ist schon früh riesig. „Damals waren wir einfach Großfressen“, sagt Bela B. „Unsere erste Tour durch den deutschsprachigen Raum haben wir Welttournee genannt, den Größenwahn haben wir uns geleistet. Schließlich dachten wir, das ist alles in ein, zwei Jahren wieder vorbei.“

Erst verhalten, dann durchschlagend kommt der Erfolg. Von „Gehn wie ein Ägypter“ über „Schrei nach Liebe“ und „Männer sind Schweine“ bis „Noise“ reihen sich zahlreiche Hits unter unfassbar vielen Songs aneinander. Aber es gibt auch Knatsch. Bela B und Farin Urlaub lösen die Band auf, kommen wieder zusammen mit Rodrigo González, sind erneut erfolgreich - und nerven sich nochmal. „Wir brauchten nach der Phase dann einfach erst mal viel Abstand“, beschreibt das Bela B.

Inzwischen ist wieder eitel Sonnenschein. Und weiterhin Platz für eigene Projekte. Bela B spielt immer wieder mit anderen Bands, nimmt Solo-Alben auf. Den Song „Einer bleibt liegen“ spielt er ein mit der Augsburger Puppenkiste und einer Marionette mit seinem Antlitz.

Und dann taucht auch wieder Dirk Felsenheimer auf. „Ich wollte immer einen Unterschied machen zwischen Bela B von Die Ärzte und dem, der da eben noch andere Sachen macht. Den Nachnamen Felsenheimer mag ich tatsächlich, den gibt es auch nicht so häufig“, erläutert er. Als Felsenheimer und „Autor ohne Allüren“ schreibt er 2019 den Roman „Scharnow“ über das Leben in einem fiktiven Dorf nördlich von Berlin.

Bela B lebt seit längerem in Hamburg. Er engagiert sich in sozialen Projekten, ist Familienvater, kommentiert über seinen Instagram-Account gesellschaftspolitische Entwicklungen.

Auch als Schauspieler ist er aktiv. Zwischen „Richy Guitar“ 1984 mit sicher noch viel Entwicklungspotenzial und einem Kurzauftritt als Kinoanweiser in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ passen zahlreiche Rollen etwa in TV-Produktionen. „Es ist wirklich reizvoll, in eine andere Rolle zu schlüpfen, jemand zu verkörpern und im idealen Fall dieser jemand zu sein, Dinge zu empfinden und zu machen, wie die Figur, die ich spiele“, sagt er.

Musiker, Autor, Schauspieler. Kommt er da nicht durcheinander? „Während ich mein Buch geschrieben habe, war ich auch weiter Musiker und Komponist. Wenn ich einen Film drehe, gehe ich danach auch wieder ins Studio“, sagen Bela B und Dirk Felsenheimer. „Es ist nicht so, dass ich da eine Tür auf- und die andere zumachen muss.“

(dpa)
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