Star-Tenor tritt in Düsseldorf auf Siegfried aus der Heldenschule

Düsseldorf · Andreas Schager unterbricht die Proben für seinen „Parsifal“ in Bayreuth. Der Grund: Er tritt in Düsseldorf im Opernhaus auf.

 Tenor Andreas Schager

Tenor Andreas Schager

Foto: Oper/David Jerusalem

In Bayreuth laufen die letzten Proben für „Parsifal“. Aber noch vor der Premiere der Wagner-Festspiele am 26. Juli erlaubt sich der Titelheld Andreas Schager einen Abstecher nach Düsseldorf. Mit der finnischen Sopranistin Camilla Nylund gestaltet er die Gala des Freundeskreises der Deutschen Oper am Rhein. Bis Ende Juni traten die Weltstars im „Freischütz“ an der Wiener Staatsoper auf. Morgen singen sie Werke von Wagner und Mendelssohn-Bartholdy und schwenken im zweiten Teil voller Lust auf Operette um.

Ein Spagat, der dem Österreicher schmeckt. Dass Andreas Schager dennoch mit Herzklopfen ins Rheinland reist, hat mit dem Anfang seiner Karriere zu tun. „Es ist immer aufregend, hierher zu kommen“, erzählt er. „Mein erstes Engagement hatte ich in Krefeld, was war ich glücklich! Allerdings wurde es nach zwei Jahren nicht verlängert. So fand ich mich auf dem freien Markt wieder, schloss mich einer holländischen Truppe an und tourte als Operettensänger durch die Lande.“ Eine harte Schule, der er viel verdankt. „Das waren heldische Rollen, jeden Abend. Ich konnte dadurch meine Ausdauer und meine Stimme stärken, auch ausprobieren, wie das Publikum reagiert. Natürlich ahnte ich damals nicht, wohin mein Weg mich führen würde.“

Der Tenor eroberte die großen internationalen Bühnen. Demnächst folgen „Tristan und Isolde“ in Paris und „Lohengrin“ in Wien. 2019 gastiert er (mit „Siegfried“ und „Götterdämmerung“) an der Metropolitan Opera New York und an der Mailänder Scala. Bedeuten diese berühmten Häuser den Olymp, auf den sich jeder Sänger hinträumt, auch er? „Nun ja, meine Paraderollen sind nun mal der Wagner. Und gute Siegfrieds gibt es nur eine Handvoll auf der Welt.“ Jeder, der einen 16-stündigen „Ring“ plane, müsse sich Jahre im Voraus Gedanken über die Besetzung der Schlüsselfiguren machen. Ein Grund, warum Schagers Terminkalender bis 2022 voll ist und Anfragen bis 2024 vorliegen. Bayreuth sei allerdings etwas ganz Besonderes. „Damit erklimmt man als Wagner-Sänger den Gipfel. Allein die Vorstellung, dass er hier gelebt und komponiert hat!“ Er schlägt auch eine Brücke nach Düsseldorf: Axel Kober war sein erster Dirigent im „Fliegenden Holländer“. Jetzt freut er sich, dass der Generalmusikdirektor bei der Gala wieder am Pult steht.

Andreas Schager ist Ensemble-Mitglied der Berliner Staatsoper Unter den Linden, pendelt von dort häufig nach Wien, wo seine Familie lebt. Vor zwei Monaten wurde der 47-Jährige noch einmal Vater. „Ein Mini-Siegfried“, berichtet er. Ach, der Junge heißt Siegfried? „Um Gotteswillen, nein, sein Name ist Lorenz“, wehrt er lachend ab. Es macht Vergnügen, mit Schager zu plaudern. Enthusiastisch holt er aus, wenn er den Charakter seiner Helden beleuchtet. Parsifal etwa, mit seiner Reinheit, seinem Wissen, seiner Empathie. „Eine phantastische Bühnenfigur. Die Musik packt mich bei den ersten Tönen, ich werde sofort in seine philosophische Welt hineingezogen.“ An „Siegfried“ fasziniert ihn dessen Naturverbundenheit. „Da fühle ich mich eins mit ihm. Manche Stellen machen mich traurig. Ich muss beim Singen an meinen früh verstorbenen Vater denken und an meine Mutter, die bei einem Autounfall ums Leben kam.“ Seine Eltern hatten einen Bauernhof in Niederösterreich, Schager ist eines von fünf Kindern. „Wir hatten ein warmes und glückliches Aufwachsen“, erzählt er. „Unser Reichtum war die Einstellung zum Leben. Es gab viel Arbeit, aber wenn sie getan war, durfte man feiern.“ Ein Bruder spielte Gitarre, ein anderer Ziehharmonika, der dritte Saxophon. „Die Freude am Musizieren hat sich bei mir eingebrannt“, sagt Andres Schager.

Seine begnadete Stimme wurde spät entdeckt. Nach der Schulzeit im Stift Melk an der Donau studierte er in Wien, wollte Lehrer für Geschichte und Theologie werden und gelangte zum Chor der Wiener Singakademie. „Eine neue und fremde Welt“, erinnert er sich. „Den ersten Dirigenten kannte ich nicht - Claudio Abbado. Den danach auch nicht – Simon Rattle.“ Das amüsiert ihn noch heute.

Genau so wenig wusste er, wie früh er mit Wagner in Berührung kam. Wurden auf dem Bauernhof Kälbchen geboren, gab der Tierarzt ihnen eigenartige Namen: Fricka, Freia oder Flosshilde. Viel später, beim „Ring“-Studium, entdeckte der Sänger sie wieder und wunderte sich: „Das sind ja die Kälbchen aus unserem Stall.“

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