Von „Material Girl“ bis „Wildberry Lillet“ Was Popsongs über unsere Welt der Finanzen aussagen

Düsseldorf · Haben, verprassen, verdienen: „Über Geld spricht man nicht“ gilt nicht in der Musikwelt. Doch wo bleiben die Lieder über das Sparen?

 „Ich will Immos, ich will Dollars“: Mit dem Lied „Wildberry Lillet“ hat Nina Chuba Platz eins der deutschen Charts erreicht.

„Ich will Immos, ich will Dollars“: Mit dem Lied „Wildberry Lillet“ hat Nina Chuba Platz eins der deutschen Charts erreicht.

Foto: dpa/Henning Kaiser

„Everybody’s living in a material world and I am a material girl“, sang Madonna vor fast 40 Jahren in einem ihrer bekanntesten Lieder. Der Song verkörpert den Materialismus wie kaum ein anderer und lässt sich zugleich als eine Kritik an diesem verstehen. Auch Madonna selbst scheint ihre Meinung über das Lied im Laufe ihrer Karriere immer wieder geändert zu haben: Auf der Blond Ambition Tour im Jahr 1990 sang sie es auf eine spöttische Weise, auf der Re-Invention Tour im Jahr 2004 erfand sie es als einen gesellschaftskritischen Rocksong neu, in einer Neuauflage im Jahr 2022 fügte sie hingegen hinzu: „A material girl is not tasteless“, übersetzt heißt das, materialistische Mädchen hätten Geschmack.

Die Ambivalenz von „Material Girl“ bringt das Verhältnis der Musikwelt zum Geld auf den Punkt. Auf der einen Seite betonen viele Lieder den Wert des Geldes. „It‘s a rich man‘s world“, heißt es im Abba-Klassiker „Money Money Money“ aus dem Jahr 1976. Die Botschaft: Geld regiert die Welt. „Your love don‘t pay my bills“, lautet eine Weisheit in Barrett Strongs „Money (That’s What I Want)“ aus dem Jahr 1959. Die Botschaft: Von Liebe wird man nicht satt. Ariana Grandes „7 Rings“ aus dem Jahr 2019 wiederum enthält den Spruch: „Whoever said money can‘t solve your problems must not have had enough money to solve ’em“. Die Botschaft: Geld löst alle Probleme.

Über Jahrzehnte und Genre-Grenzen hinweg wird immer wieder vermittelt, dass Geld nicht nur zum Überleben notwendig ist, sondern auch Macht, Stolz und Glück bedeutet. Beliebt bei der Jugend von heute ist etwa „Money“ (2021) von Lisa, bekannt aus der südkoreanischen Gruppe Blackpink. „Listen to my money talk“, lautet darin eine Zeile. Über Geld spricht man bekanntlich nicht, doch umgekehrt kann Geld das Sprechen übernehmen.

„Material Girl“ ist nicht nur eines ihrer bekanntesten Lieder, sondern auch ihr Spitzname: Madonna.

„Material Girl“ ist nicht nur eines ihrer bekanntesten Lieder, sondern auch ihr Spitzname: Madonna.

Foto: Evan Agostini/Invision/AP/Evan Agostini

Und wer kein Geld hat, soll gefälligst darauf hinarbeiten oder wenigstens davon träumen: Das suggerieren zumindest Lieder wie Donna Summers „She Works Hard for the Money“ (1983) und „Billionaire“ (2010) von Travie McCoy und Bruno Mars. Deutschsprachige Pendants sind „Bruttosozialprodukt“ (1982) von Geier Sturzflug und „Millionär“ (1991) von Die Prinzen.

Wie gut der Traum vom Reichtum verpackt als Popsong ankommt, zeigte sich hierzulande im vergangenen Jahr, als Nina Chuba mit „Wildberry Lillet“ Platz eins der deutschen Charts erreichte. „Ich will Immos, ich will Dollars“, heißt es im Lied, und auch: „Will für immer alles gratis, ich will haben, haben, haben.“ Über Generationen hinweg ist die Botschaft gleich geblieben, die Resonanz ebenso.

Dabei hat es bereits so viele Lieder gegeben, die Kritik an der Geldverliebtheit geäußert haben, etwa Shania Twains „Ka-Ching“ (2002). Gierig sei unsere Welt, so der Vorwurf gleich zu Beginn – und maßlos: „We spend the money that we don‘t possess“. Wir geben Geld aus, das wir gar nicht haben. „Stressed Out“ (2015) von Twenty One Pilots widmet sich dem Stress, der vom Zwang zum Geldverdienen ausgeht. Dass mehr Geld auch mehr Probleme bereiten könne, behauptet „Mo Money Mo Problems“ (1997) von The Notorious B.I.G. mit Puff Daddy und Mase. Pink Floyd ging im Jahr 1973 noch einen Schritt weiter und fasste es so zusammen: „Money, so they say, is the root of all evil today“. Geld sei die Wurzel allen Übels.

Leichtherziger ist die Botschaft von Sia und Sean Paul in „Cheap Thrills“ (2016): „I don‘t need dollar bills to have fun tonight“. Man brauche kein Geld, um Spaß zu haben. „Money can‘t buy me love“, sangen die Beatles im Jahr 1964. Mit Geld könne man keine Liebe kaufen. Ähnliche Botschaften lassen sich in vielen anderen Liedern finden, etwa in „Counting Stars“ (2013) von OneRepublic. „No more counting dollars, we‘ll be counting stars“ lässt sich als ein Aufruf verstehen, nicht so viel über Geld nachzudenken.

Eine Rarität sind Lieder, in denen es um das Sparen geht. Geld haben, Geld brauchen, Geld verschwenden, all das sind attraktive Themen, das Sparen hingegen gilt offenbar auch in der Musikwelt als unattraktiv. Gespart wird höchstens bei der Liebe und den Gefühlen, man denke beispielsweise an Whitney Houstons „Saving All My Love for You“ (1985) oder an The Weeknds „Save Your Tears“ (2020). Dabei ist das Sparen fast genauso wichtig wie das Verdienen, an allen Ecken wird mit Schnäppchen geworben und zur Sparsamkeit aufgerufen.

Ausgerechnet in „Material Girl“ findet man versteckt den Aufruf, Geld zu sparen. „Only boys that save their pennies make my rainy day“, singt Madonna – nur ein sparsamer Junge könne ihr den Tag retten. Auch wenn diese Weisheit in kaum einem Lied zu hören ist: Für schlechte Zeiten sollte man etwas zur Seite legen. Denn wie die vergangenen Jahre zeigten, können die miese Zeiten immer wieder vor der Tür stehen, da hilft dann auch kein Popsong.

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