Düsseldorf Musik im Gedenken an Prince

Düsseldorf · Ganz gut, aber nicht umwerfend: "Dirty Computer" von Janelle Monáe.

Man liest vielerorts, das sei nun die Platte zur Zeit, der große Wurf, der seine Urheberin endgültig zum Superstar machen werde. Aber dann hört man "Dirty Computer" von Janelle Monáe voller Erwartung und Euphorie-Bereitschaft und ist doch ein bisschen enttäuscht. Es beginnt mit dem ersten Lied, dem titelgebenden Stück. Das fließt sehr verheißungsvoll dahin; in den Melodien glitzert das Licht von hundert Sommern, es ist zwei Minuten lang ein großes Pop-Versprechen, und Brian Wilson von Beach Boys singt wunderbare Harmonien im Background. Als der Song aber gerade einlösen will, was man sich von ihm erhofft, als er sich aufmacht, den Himmel zu stürmen und die Sonne zu umarmen, blendet Janelle Monáe ihn einfach aus. Da sitzt man also kopfschüttelnd und fühlt sich um ein Erlebnis gebracht, das man sich so schön ausgemalt hatte.

Janelle Monáe trat 2007 zum ersten Mal einem größeren Publikum in Erscheinung. Damals veröffentlichte sie ihre Platte "Metropolis", ein Funk-Album, auf dem sie sich vor den Zukunftsvisionen Fritz Langs verneigte. Sie schlüpfte in die Rolle der Androidin Cindi Mayweather, die sich in einen Menschen verliebte. Klingt verkopft und theoretisch - und war es auch. Zugleich war "Metropolis" aber die Plattform für eine Handvoll zwingender Funkpop-Songs, die mit Leichtigkeit und Witz die schwarze Kulturgeschichte zitierten.

Monáe wurde von Sean Combs alias Puff Daddy gefördert, sie veröffentlichte zwei weitere Platten, jeweils mit konzeptionellem Überbau, einiger Qualität und zu wenigen Hörern. Sie schien im Status des großen Talents zu verharren. Dann entdeckte sie die Schauspielerei: Sie spielte die Mutter eines Jungen im Oscar-Gewinner "Moonlight" und eine Mathematikerin in dem Publikums-Erfolg "Hidden Figures". Und was kaum jemand wusste: Sie wurde von Prince gefördert. Nach dem Vorbild seiner Studio-Landschaft "Paisley Park" in Minnesota baute sie die "Wondaland Arts Socitey" in Atlanta auf. Ein kreatives Zentrum mit Studio und eigener Plattenfirma. Dort produzierte sie "Dirty Computer", und Prince und Stevie Wonder berieten sie.

Der Tod von Prince habe den Ausschlag gegeben, ihre Musikkarriere zu forcieren, sagt Monáe. Sie ist ja zuletzt zur öffentlichen Figur geworden, zur Aktivistin - als Unterstützerin von Hillary Clinton, mit Auftritten beim "Women's March" in Washington, wo sie "Time's Up!" rief, und bei den Grammys, als sie sich mit den Opfern sexueller Gewalt solidarisierte und die Herrschaft der Frauen ausrief. Dazu passend erzählt sie auf "Dirty Computer", wie Frauen die Macht übernehmen: "Sirenen heulen, Bomben explodieren, es fühlt sich gut an."

Es gibt tolle Stücke auf der Platte, "Pynk" und das nach "Kiss" von Prince klingende "Make Me Feel". Aber es gibt eben auch Füller und Skizzenhaftes wie das blutarme "I Got The Juice", bei dem sie mit Pharrell Williams im Duett singt. Mit "Dirty Computer" bekommt man zwar tatsächlich ein gutes Album. Aber man wird den Eindruck nicht los, dass man zugleich um ein großartiges Album betrogen wurde.

(hols)
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