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Musical „Chicago“ In New York ein Dauerbrenner

New York · Am New Yorker Broadway läuft „Chicago“ pausenlos seit 23 Jahren, dabei waren ursprünglich nur ein paar Abende geplant. Jetzt kommt das Musical nach Deutschland.

 Szene aus dem Musical „Chicago“ nach der Choreographie von Bob Fosse.

Szene aus dem Musical „Chicago“ nach der Choreographie von Bob Fosse.

Foto: Jeremy Daniel

Bühne frei für Barry Weissler, 80, Musical-Produzent, König des Broadway. Er empfängt in einem Konferenzraum ein Dutzend Stockwerke über der berühmtesten aller Theatermeilen, und wenn man hinunterschaut – der Ausblick: direkt auf den New Yorker Times Square. Weissler sitzt allerdings mit dem Rücken zum Fenster, und er kommt sogleich ins Erzählen. Er kennt viele gute Geschichten, aber die beste handelt davon, wie er das Musical „Chicago“ zurück in die Spur brachte.

Das war 1975 uraufgeführt worden und grandios gescheitert, nach nur zwei Jahren Spielzeit in der Versenkung verschwunden und erst 1996 wieder aufgetaucht. Damals kam es als Revival-Show zur Aufführung, die letzte Ehre für ein totgesagtes Musical, ein paar Abende, sowas gibt es häufig in New York. Weissler und seine Frau Fran sahen es sich an und wussten, dass es gut war.

Die Eheleute machen seit 1968 in Musicals, sie mochten „Chicago“ schon, als es in den 70ern erstmals gezeigt wurde, nun war 1996 und die Weisslers dachten, Mensch, da geht doch was, vielleicht noch mal zwei Jahre für „Chicago“ oder sogar drei, wer weiß. Also verschuldeten sie sich.

Sie nahmen eine Hypothek auf ihr Haus auf, brachten das Musical zurück an den Broadway, und 23 Jahre später läuft’s dort immer noch. Nur das „Phantom der Oper“ hat am Broadway eine noch größere Ausdauer, sonst nichts. Muss sich ja gelohnt haben, die Sache mit der Hypothek, oder Mister Weissler? Der Produzent greift nach der Innenseite seines Sakkos, zeigt das Label, sagt: „Brioni.“ Italienisch. Luxus.

Von Ruhm und Reichtum träumen sie auch im Musical, das nun auf Deutschlandtournee kommt. „Chicago“ erzählt von Roxie Hart, einer minder erfolgreichen Nachtklubsängerin, die mehr will, ihren Liebhaber erschießt, im Gefängnis landet und von dort aus mit der gleichfalls einsitzenden Doppelmörderin Velma Kelly um die Gunst der Medienöffentlichkeit ringt. Protegiert werden sie dabei von einem verschlagenem Anwalt, dem allen voran das eigene Vorankommen wichtig ist.

Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, die Reporterin Maurine Dallas Watkins hatte 1924 für den „Chicago Tribune“ ein Verfahren gegen zwei junge Frauen begleitet, denen vorgeworfen wurde, unter dem Einfluss von Alkohol und Jazz ihre Männer getötet zu haben. Der Prozess wurde zur Show; und die Damen, wohl nicht ganz unschuldig, wurden dennoch freigesprochen. Die Journalistin machte aus dem Stoff schließlich ein Theaterstück, 50 Jahre später griffen Komponist John Kander, Autor Fred Ebb und Choreograf und Regisseur Bob Fosse die Geschichte auf, machten daraus „Chicago – The Musical“ – mit mäßigem Erfolg.

Fosse habe schlicht zu viel gewollt, meint Barry Weissler, zu viele Kostümwechsel, zu viel Tamtam. Für die Neuauflage haben sie das Musical deshalb komplett entkernt und auf die tragenden Säulen gebaut. Die Songs. Die Choreographie – Fosses stilprägende Tanzbewegungen. Es gibt jetzt gar keine Kostümwechsel mehr.

Regisseur Bob Fosse, dessen Musicalfilm „Cabaret“ 1973 sieben Oscars gewann, hatte für „Chicago“ eine Choreographie zwischen Burleske und Ballett entwickelt. Fosses Tänzer winden sich, manchmal scheint ein Fingerzeig entscheidend oder das perfekte Posertum. „The power of nothing“, nennt Choreographin Ann Reinking die Grundspannung, die Bob Fosse, der 1987 starb, zu erzeugen versuchte. Reinking war es, die sich seiner Vorgaben für das 96er-Revival annahm, sie überarbeitete die Choreographie so behutsam wie möglich, nah am Original sollte alles sein. Ab und an reist sie seitdem an den Broadway und sieht nach, ob noch alles sitzt.

Seine Zeit haben sie dem Musical ebenfalls gelassen, das Stück spielt weiterhin in den 1920ern, in der Zeit der Prohibition und des Jazz, was aus heutiger Sicht wohl eine gute Idee war, weil die 20er Jahre zurzeit ja wieder ein bisschen in Mode sind. Dem Orchester haben sie in der Mitte der Bühne reichlich Platz eingeräumt, ab und an werden die Jazzmusiker eingebunden. Der Sound ist das Fundament von „Chicago“.

Barry Weissler glaubt, dass der Erfolg der Produktion in seinem Identifikationspotenzial begründet liegt. Für ihn ist „Chicago“ der Spiegel einer nach Aufmerksamkeit gierenden Gesellschaft. Geholfen habe zudem die Verfilmung von 2002 mit Catherine Zeta-Jones, Renée Zellweger und Richard Gere in den Hauptrollen. Normalerweise läute ein solcher Musical-Film ja den Anfang vom Ende ein, sagt Weissler. Darauf wartet er noch heute.

Info Unser Autor wurde von BB Promotion zur Aufführung in New York eingeladen.

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