Murakami erobert Versailles

Versailles Japanische Plastikfiguren mit Kulleraugen in Schloss Versailles – die Aufregung vor Beginn von Takashi Murakamis Ausstellung war groß, Franzosen sahen ein Nationalheiligtum bedroht. Derlei ist fast normal in einem Land, in dem konservative Kreise immer noch den Untergang der Monarchie betrauern, und es ist zugleich eine Freude für die PR-Strategen, denn die Demonstranten bescherten der Schau weltweit mediale Aufmerksamkeit – mehr noch als die glanzvolle Eröffnung mit edlem Essen und Feuerwerk im Park, ganz wie zu Zeiten Ludwigs. Takashi selbst ging stolz wie ein kleiner Sonnenkönig durch die Säle, in denen 22 seiner Skulpturen zwischen all dem barocken Gold, den Lüstern, Spiegeln und Wandmalereien ein fideles Eigenleben führen.

Im Herkules-Saal wartet Tongari Kun, ein sieben Meter hohes, seltsames Fiberglaswesen, auf Lotusblüten und einem platten Frosch hockend, die vielen Arme ausgestreckt wie eine indische Göttin, das miesepetrige Gesicht breitgedrückt und mit einem Stachel bekrönt. Außer der schieren Größe bezieht sich nichts auf die Heldentaten des Herkules, einen Dialog hatte Kurator Laurent le Bon nicht im Sinn. Es ist vielmehr ein mal ironisches, mal konterkarierendes und spielerisches Miteinander von alter Pracht und zeitgenössischer Kunst, die immerhin zu den höchstbezahlten der Gegenwart zählt.

Murakamis Werke auf fröhlich-schrill zu reduzieren, ist falsch. Der 48-Jährige mischt die Formensprache der japanischen Mangas und der Otaku-Subkultur mit Zitaten der westlichen Kunst, altasiatischer Malerei und der bunten Medienwelt.

Doch es darf durchaus geschmunzelt werden: Ein vergoldeter Löwe glänzt im Thron-Saal neben Antoine Gaillets Porträt von Ludwig XIV. Dabei lächelt das Raubtier so niedlich wie ein Schmusekätzchen. Im Spiegelsaal antwortet ein Ballon aus bunten, fröhlich lachenden Blumen auf den ungeheuren Pomp – so als solle man das historische Gewicht nicht allzu ernst nehmen.

Neben Jacques-Louis Davids Gemälde der Kaiserkrönung Napoleons im Sacre-Saal steht die Skulptur "Des Kaisers neue Kleider". Mit riesigem Kopf und Kulleraugen, Winzlings-Krönchen und Zepterlein steht der Herrscher da, den Unterleib nur bedeckt von einem neckisch durchsichtigen Höschen.

Info Ausstellung bis 12. Dezember www.chateauversailles.fr

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