Ausstellung in Mannheim Die Geheimnisse der Mumien

Mannheim · Der Traum vom ewigen Leben steht hinter der Ausstellung, die in Mannheim gezeigt wird. Dort werden Mumien ausgestellt: Männer, Frauen, Eichhörnchen, Frettchen.

Bilder der Ausstellung "Mumien – Geheimnisse des Lebens" in Mannheim
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Diese Mumien ruhen jetzt in Mannheim

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Foto: dpa/Uwe Anspach

„Touch Ötzi“ heißt es in einer Ecke der Ausstellung – und damit ist man schon an einem Dreh- und Angelpunkt der Mumien-Ausstellung. Denn der Fund von Ötzi im Jahr 1991 hat den Blick auf diese ungewöhnliche Form vom Erhalt eines Körpers mittels Gletschereis geschärft. Dass sich vor Tausenden von Jahren Menschen mumifizieren ließen oder mumifiziert worden sind, war bis dahin nicht unbekannt. Dass es aber eben neben dieser künstlichen auch eine natürliche Art der Mumifizierung gibt, wurde mit dem Fund des Steinzeitmenschen in den Gletschern populärer als bis dato.

Und so kann man den Ötzi „touchen“, also interaktiv auf seine Tattoos, auf seine Augen klicken, um herauszubekommen, welche Farbe sie hatten, und noch mehr über den Hirten erfahren, der vor etwa 5300 Jahren gelebt haben soll. Er erzählt eine Menge über die Zeit – und genau das tun alle rund 100 Exponate, die in Mannheim in den Reiss-Engelhorn-Museen gezeigt werden.

Diese Ausstellung hat es in anderer Form schon mal in Mannheim gegeben. Vor elf Jahren kamen 195.000 Besucher, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und weil die Überreste von Menschen oder Tieren offenbar großes Interesse weckten, ging diese Ausstellung auf Tournee, machte Station in 15 Ländern auf zwei Kontinenten, war allein dreieinhalb Jahre in Amerika und wurde von mehr als drei Millionen Besuchern angesehen. Und ist jetzt zurück nach Mannheim. „Aber ganz anders aufgebaut“, erklärt Wilfried Rosendahl, Paläontologe und Direktor des Museums, der sich seine ersten wissenschaftlichen Sporen in Ratingen und im Neanderthal-Museum in Mettmann verdient hat. Vor allem liegt der Fokus der neu kuratierten Ausstellung jetzt auf dem Aspekt Forschung. In vielen Schaufenstern wird gezeigt, wie Mumien-Experten die Körper röntgen, im Computertomographen betrachten, die Ergebnisse auswerten, um die letzten Geheimnisse des Lebens zu lüften.

Was hat die Mumie in ihren Händen? Zwei Milchzähne. Warum sind ihre Unterschenkel gekreuzt? Die Frau war querschnittsgelähmt. Was ist mit Anna Maria Luisa Medici passiert? Sie wurde – gegen ihren hinterlegten Willen – obduziert. Sind das Mann und Frau, die da im Moor von Weerdinge gefunden wurden? Nein, es waren zwei Männer, die 40 bis 50 v. Chr. gelebt haben.  Jahrzehntelang hatte man gedacht, dass es sich bei den Moorleichen um Mann und Frau handelt. Stimmt gar nicht, so die Wissenschaftler, die heute dank neuester Techniken und Laboranalyse mehr Daten gewinnen können. Geschlecht, Herkunft, Alter, Größe, Krankheiten, Ernährungsweisen und Todesursachen der Mumien können deutlicher bestimmt werden. Damit erzählen die Funde Geschichten aus ihrer Zeit, werden zu einem Archiv der Menschheit.

Ob man nun diese Mumienschau gut findet oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt auch unter Forschern Kritiker, die diese Form der oft bizarren Präsentation ablehnen. Wilfried Rosendahl empfiehlt trotzdem den Besuch – auch mit Kindern. „Natürlich waren das echte Menschen, und es mag irritierend sein, sie anzusehen.“ Aber: Vor allem Kinder seien unvoreingenommen, würden dem Thema Tod und Sterben neutraler begegnen als Erwachsene. „Wir zeigen hier ja keine Gruselshow, sondern das Echte – und das in 3D.“ Es waren auch Kinder einer Mumien-AG eines Mannheimer Gymnasiums, mit denen er für die kindgerechte Aufbereitung zusammengearbeitet hat. Und von einer Leichenschändung, wie es manche Kritiker bezeichnen, will er auch nicht reden. „Das ist zu kurz gedacht.“ Es gebe Kulturen, in denen Mumien mit am Esstisch der Familie sitzen, mumifizierte Inka-Könige würden bei Prozessionen mitziehen. „Eine besondere Form des Ahnenkults.“

Einen Eintrag eines Ausstellungsbesuchers ins Gästebuch fand Rosendahl besonders gut: „Diese Ausstellung hat mich nachdenklich gemacht“, habe ein Gast geschrieben. „Und genau so soll es sein.“

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