Jüchen Moderne Kunst auf Schloss Dyck

Jüchen · Zum vierten Mal wird die rheinische Sammlung Rheingold im barocken Hochschloss nahe Düsseldorf ausgebreitet. Kurator Gregor Jansen hat 15 internationale Künstler, von Joseph Beuys bis James Lee Byars, anregungsreich in den verschiedenen Räumen inszeniert.

Schloss Dyck liegt malerisch da in der frühlingshaften Natur. Eine Pracht. Allein schon einen Ausflug wert. Zugleich ist das Barockdenkmal zum vierten Mal Gastgeber für die Kunstsammlung Rheingold. Die große, reiche, schillernde Privatsammlung ist fest verwurzelt im Rheinland, ihre Gesellschafter – Bernd, Eugen, Klaus und Michael Viehof, Hedda im Brahm-Droege, Helge Achenbach – stärken mit ihrer Leidenschaft den Kunststandort. Sie fühlen sich der Region verpflichtet, in der sie leben. Und sie beweisen aufs Neue, dass sie nicht das sammeln, was alle sammeln, sondern kühne Positionen wagen, in der Malerei, Videokunst, mit Skulpturen und Installationen.

Externe Kuratoren werden stets mit der Jahresschau beauftragt, dieses Mal sollte der Leiter der Düsseldorfer Kunsthalle, Gregor Jansen, den Schatz heben – eine gute Wahl. Werke von 15 internationalen Künstlern sind zum ersten Mal zu sehen und in anregenden Bezug zueinander positioniert. Gegensätze und Gemeinsamkeiten bilden das gedankliche Scharnier, formale und farbliche Bezüge spielen dabei eine Rolle sowie das Material. Zwei Neo-Rauch-Bilder hat die Sammlung Rheingold jüngst erworben; doch diese sind nicht zu sehen, denn sie passten wohl nicht in den sinnlichen Reigen mit dem Titel "Vollendet das ewige Werk".

Jansen hat sich mit dem Wagnerschen Rheingold befasst. Wo komm' ich her? Wo geh' ich hin? – ist sein Thema und: Wie entstand die Erde? Wie konstruieren wir unser Leben? Er führt uns Denkmodelle vor, etwa am Beispiel einer raumgroßen Installation von Manuel Graf. Er hat ein Zimmer eingerichtet mit Musik, Videos, Pflanzen und Modellen aus dem Holzbaukasten – spielerisch untersuchend geht der Künstler in seinem "Kinderfragen-Zimmer" den Dingen auf den Grund: Wie kommt die Blume auf den Baum, und wie kommt ein Mensch auf die Idee, einen Entlastungsbogen zu bauen? Ganz anders der Traum-Raum von Thomas Schütte, ein detailgetreu gebauter Zukunftsbungalow als frei stehende gigantische Skulptur. Alles ist da drin zum Leben. Die Sammlung würde dieses Modell gerne eins zu eins verwirklichen auf dem Gelände von Schloss Dyck.

Mitten auf dem Flur des Obergeschosses steht ein Betonklotz, "Mein ganzes Wissen" hat Hubert Kiecolo diese hermetische Schatzkiste genannt, die provoziert mit der erschreckenden Vorstellung, Wissen könne jemals so fest verpackt und vollendet sein.

Im Obergeschoss regiert die Malerei. Hansjörg Dobliar, ein den Raum suchender Fantast, hängt dicht neben seinem Malerkollegen André Butzer, den Jansen für den farbenfreudigsten "Augen-Irritierer" hält. Einen Raum weiter stehen deutlich kühlere Farbwerte von Corinne Wasmuht im Dialog mit einem bleiernen Haus von Georg Herold. Ein Dreiklang wird daraus durch die leichte frühe Arbeit von Erwin Heerich – aus Karton hat er 1964 archaische Modelle gebaut. Auch kleinere Formate gefallen wie Schüttes Serie von der traurigen Ratte, die ausradierten Fotoarbeiten Jürgen von Dückerhoffs oder die Kugelschreiber-Geometrien von Bernd Ribbeck.

Galt das Obergeschoss den Weltentwürfen, so versinkt man im Untergeschoss im Mythologischen. 1949 schon hat Joseph Beuys den winzigen Frauentorso geformt, der auf den Ursprung des Menschen verweist. Maximal hingegen deklamiert der dem Kölner Dom nachgebildete Fassadenbrocken von Bojan Sarcevic westliche sakrale Architektur. Unter die opulenten Deckenmalereien des Ballsaals setzt die Amerikanerin Joanne Greenbaum eine Art Fundament – ihre Bilder sind mehr Konzept als Malerei, und doch entdeckt man eine Figur.

Das abstrakteste Modell für das, was den Menschen ausmacht, ist zugleich das augenfälligste. Mit rosa Satin hat James Lee Byars Taue umhüllt, 100 laufende Meter, um daraus ein dominantes Strichmännchen zu legen. "The Red Devil" heißt dieser Prototyp – ein Urmensch, pur und doch veredelt.

(RP)
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