Wuppertal Minimal Art in Craggs Kunstpark

Wuppertal · Eine Skulptur – das muss kein Gebilde aus Holz oder Stein sein, das etwas Bestimmtes darstellt. Sie kann auch ein flacher Teppich aus Stahlplatten sein, denen die Witterung ein Muster aus Rost verliehen hat. Oder eine Art Gang oder ein Tunnel aus groben Zedernholzklötzen, die sich aneinander reihen und den Raum durchschneiden. Diese besondere Sicht auf seine Werke zeichnet den in New York lebenden Künstler Carl Andre aus.

Andre nennt die Arbeiten Straßen oder Gebiete und konfrontiert den Betrachter mit Materialien, die in ihrer Anordnung einen Ausstellungsraum verändern. Jetzt geschieht dies im Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal: Dem dortigen Hausherrn Tony Cragg, Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie und selbst Bildhauer von Weltrang, hat die renommierte Düsseldorfer Galerie Konrad Fischer fünf raumgreifende Werke Carl Andres aus unterschiedlichen Schaffensperioden (zwischen 1977 und 2004) ausgeliehen. Tony Cragg hat die Skulpturen persönlich ausgewählt und im Ausstellungspavillon, auf einer Wiese sowie in der Villa Waldfrieden arrangiert.

"Für mich war es eine Offenbarung, als ich während meines Studiums in London 1971 die erste Ausstellung von Carl Andre sah", erzählt Tony Cragg. Er, der selbst Bildhauer ist, sagt, dass er bis heute zu eine Gänsehaut beim Betrachten der minimalistischen Skulpturen des Amerikaners bekomme: "Sie wirken provokativ und gleichermaßen zur Meditation herausfordernd. Das sind für mich fundamentale Werke."

So lassen sich etwa immer neue Strukturen, Jahresringe und Astlöcher erkennen, wenn man die Zedernholzbalken des sperrigen Werkes "Sheath" (Umhüllung) über längere Zeit intensiv betrachtet. Der Künstler schuf es 1980 im dänischen Humlebaek. Galeristin Dorothee Fischer erinnert sich: "Er bestellte vorher die 108 unbehandelten Balken mit dem Maß 30 mal 30 mal 90 Zentimeter, weil er eine Idee hatte, wie das Werk aussehen könnte. Es entstand dann vor Ort – und das ist typisch für Carl Andre. Denn er hat selbst gar kein Atelier."

Die Galerie Fischer zeigte im Herbst 1967 als erste in Europa Skulpturen des Künstlers – "gleich zu unserer Eröffnung", erzählt Dorothee Fischer. "Wir kannten die Werke nur aus Abbildungen und empfanden sie als revolutionär." Den Kontakt zu Andres damaliger Galerie Dwan knüpfte seinerzeit Kasper König, der später das Kölner Museum Ludwig leitete. Im Laufe der Jahre wuchs eine Freundschaft zwischen Carl Andre und dem deutschen Galeristenpaar: "Wir stellen regelmäßig seine aktuellen Werke aus und verkaufen sie an gute Sammlungen, häufig nach Belgien oder in die Niederlande", sagt Dorothee Fischer. Auch die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen besitzt eine flache Bodenskulptur des Amerikaners, ähnlich derjenigen, die jetzt in Wuppertal zu sehen ist. Man darf sie sogar vorsichtig (!) begehen, und das Gewicht des eigenen Körpers auf den Stahlplatten spüren.

Info Die Ausstellung "Carl Andre – Skulpturen" läuft bis 30. September im Skulpturenpark Waldfrieden, Hirschstraße 12 in Wuppertal. Di - So, 10 bis 18 Uhr. Führungen Sa, 15 Uhr nach Voranmeldung (Tel. 0202./789812-0 oder mail@skulpturenpark-waldfrieden.de. )

(RP)
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