Gastbeitrag Warum es keine Alternative zu Parteien gibt

Berlin · Gastbeitrag Der CDU-Politiker Michael Grosse-Brömer antwortet Sascha Lobo: Parteien sind das unverzichtbare Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft

Die Kritik an Parteien ist nicht neu. Schon der römische Historiker Sallust klagte über die „Unsitte der Parteien und Cliquen“ in der Politik. Nun haben die modernen Parteien wenig gemein mit denen im alten Rom. Doch die Kritik daran, dass sich Menschen zur Erreichung politischer Ziele zusammenschließen, ist so alt wie die Parteien selbst.

Mehr als 2000 Jahre nach Sallust hat der Blogger, Buchautor und Journalist Sascha Lobo unlängst in der Rheinischen Post behauptet, die Parteien könnten „angesichts der immer dringenderen Herausforderungen durch den immer schnelleren Wandel der Welt nicht mehr in gewohnter Weise den Eindruck vermitteln, das politische Geschehen unter Kontrolle zu haben“. Lobo konstatiert bei den Parteien eine „Hilflosigkeit im Angesicht des Weltwandels“. Keine Frage: Das demokratische Parteiensystem steht in vielen Ländern unter Druck. Doch nirgendwo ist ein politisches Modell erkennbar, das der Parteiendemokratie dauerhaft überlegen wäre. Auch Sascha Lobo bietet keine Lösung.

Hinter der Kritik an Parteien steht oft die Vorstellung, dass es für die Lösung von Problemen – wie etwa der Eindämmung des Klimawandels – einen unfehlbar richtigen Weg gebe, der nur konsequent verfolgt werden müsse. Die komplizierte Suche nach Kompromissen, die vor allem für Parteien in Regierungsverantwortung unverzichtbar ist, wird dabei als lästig, überflüssig, sogar als schädlich abgetan.

Der Vorteil von Parteien und Volksparteien ist es aber, dass sich in ihnen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen zusammenfinden, um auf Grundlage ihrer Überzeugungen und Interessen Politik zu gestalten. Kein anderes Modell ist besser geeignet, immer wieder den Ausgleich herzustellen zwischen den verschiedenartigen und manchmal auch widersprüchlichen Bedürfnissen der Bevölkerung und dem Handeln des Staates. Entschlossene Führung ist auch in politischen Parteien unerlässlich. Aber anders als in Ländern, in denen ein „starker Mann“ Gefolgschaft um sich sammelt, muss sich das Führungspersonal in selbstbewussten Parteien viel stärker mit der Basis rückkoppeln. Parteien stellen sicher, dass es bei Wahlentscheidungen nicht nur um Personen geht, sondern immer um die Mischung aus Grundüberzeugungen, aktueller Programmatik und personellem Angebot. Wie alle Institutionen haben auch demokratische Parteien ihre Mängel. Ihr Erfolg und ihre Überzeugungskraft hängen immer auch von den handelnden Personen ab – vor allem natürlich von der Führung. Doch keine andere Institution ist dazu in der Lage, zwischen Bevölkerung und Politik eine bessere Verbindung herzustellen als die demokratischen Parteien.

Der Autor Michael Grosse-Brömer ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

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