Premiere von „Meister Pedros Puppenspiel“ Theater im Theater

Düsseldorf · Manuel de Fallas Opern-Einakter „Meister Pedros Puppenspiel“ entzückt auf der großen Bühne der Deutschen Oper am Rhein. Und irritiert zugleich.

 Frank Schnitzler als Sancho Panza (l.) und Richard Šveda als Don Quijote in „Meister Pedros Puppenspiel“.

Frank Schnitzler als Sancho Panza (l.) und Richard Šveda als Don Quijote in „Meister Pedros Puppenspiel“.

Foto: Jochen Quast

Pandemische Zeiten haben auch ihr Gutes: Nie sind etwa im auf abendfüllende Unterhaltung ausgerichteten Opernbetrieb so viele Petitessen entdeckt worden wie im letzten Jahr. Pausenlos und im Tatortformat lässt sich zur Not eben auch große Kunst machen. Wenn die Deutsche Oper am Rhein jetzt Manuel de Fallas Einakter „Meister Pedros Puppenspiel“ aus der Versenkung holt, setzt sie gewissermaßen dieser der Not abgetrotzten Tugend noch eins drauf. Das Stück ist keine 45 Minuten lang, von Oper kann irgendwie auch nicht so recht die Rede sein. Und dennoch ist man fasziniert und irritiert zugleich von diesem Stück, in dem der sagenhafte Don Quijote und sein Knappe Sancho Pansa einer Puppentheater-Vorstellung zuschauen und dieselbe völlig durcheinanderbringen.

Fiktion und Wirklichkeit verwirren sich aufs Tragikomischste in diesem Theater auf dem Theater, das de Falla 1923 einer steinreichen amerikanischen Nähmaschinenfabrikantentochter schrieb. Sie hatte sich etwas mit Marionetten bestellt, zur legendären Premiere saßen unter anderen Picasso, Paul Valéry und Strawinsky im Publikum. De Falla hatte bei Cervantes diese Episode gefunden, bei der es auf der Puppenbühne um eine entführte und befreite Prinzessin geht, von deren Drama der selbsternannte Ritter derart fasziniert ist, dass er mit Speer und Schwert in die Handlung eingreift. Was am Ende Marionetten und Bühne nicht überleben.

In der Rheinoper inszeniert Ilaria Lanzino ein mehr als doppelbödiges Panoptikum im Zusammenspiel mit dem Düsseldorfer Marionettentheater und dem Live-Video-Regisseur Torge Müller. Zum von Strawinsky entliehenen Vorspiel („Danses concertantes“) tritt zunächst Don Quijote in seinem eigenen Roman lesend vor den Vorhang, sodann fährt eine Leinwand aus dem Schnürboden, mit der der Bühnen-Ritter Windmühlen-Zerdeppern spielt. Ein Theater-Karren fährt auf, Puppenspieler stellen ihre Protagonisten vor, schnell wird ein Green-Screen aufgebaut, Kameras fürs Live-Video. Und ein Publikum setzt sich auf ein paar Bänke.

Zu de Fallas Musik entspinnt sich die Puppen-Handlung, bei der ein schöne Prinzessin, ein schöner, zunächst gelangweilter Liebhaber, Kaiser Karl der Große und ein böser König in Saragossa auftreten. Die Puppenspieler Anton Bachleitner und Anna Zamolska bewegen ihre zauberhaften Marionetten durch zauberhafte Dekoration. Meister Pedro, der Theaterchef, und sein Junge führen das Publikum in Moritaten-Art ein in die einzelnen Szenen, die dann nur von Musik untermalt sind. Sergej Khomov und David Fischer deklamieren zunächst unbegleitet ihren Sprechgesang, später verschlingen sich auch die musikalischen Ebenen wie das Spiel, in dem Richard Sveda als Quijote endlich eine zu Herzen gehende Arie auf seine Dulcinea singen darf, bevor er alles zu Klump haut.

Im Orchestergraben entlockt der 1. Kapellmeister des Hauses, Ralf Lange, den Düsseldorfer Symphonikern so fragile wie diffizile Klänge aus dem Experimentierkasten der frühen 20er. Die Sänger-Solisten bewähren sich auf ungewohntem Terrain. Am Schluss bringen sich alle vor der Phantasie des tragischen Ritters in Sicherheit. Großer Beifall auch von den kleinen Zuschauern.

Termine Düsseldorf: 3., 27. Oktober, 19. November; in Duisburg am 17, 23. Oktober, 3., 12., 23., 24. November, empfohlen ab 6 Jahre

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