Meersburg Marc Chagall – der Maler, der die Bibel träumte

Meersburg · Marc Chagall war einer der faszinierendsten Künstler des 20. Jahrhunderts: Der französische Maler russisch-jüdischer Herkunft erwarb sich weltweit Ruhm und Bewunderung vor allem mit seinen Illustrationen zur Bibel, die er selbst als "reichste poetische Quelle aller Zeiten" bezeichnete. Nun zeigt die Meersburger Bibelgalerie unter dem Titel "Der unbekannte Chagall" Radierungen und Lithografien des Künstlers, die vom 1. August bis zum 29. September in einer Sonderausstellung zu sehen sind.

Wer an Chagall (1887–1985) denkt, verbindet dies meist mit intensiven und leuchtenden Farben und einer fast poetischen Bildsprache, so die Bibelgalerie-Leiterin Thea Groß. Dass der Maler auch zahlreiche hochwertige Grafiken in Schwarz-Weiß vor allem in den 1930er Jahren geschaffen hat, ist weniger geläufig. "Chagalls biblische Radierungen sind nicht so bekannt wie seine Farblithografien", sagt Iris Traudisch, die mit ihrer Galerie bei Gummersbach die Ausstellung mitkonzipiert hat. Dennoch zählten die Radierungen zu Chagalls besten grafischen Arbeiten, sagt die Kunsthistorikerin und Theologin Traudisch. "Die Art, wie er das Licht in den Schwarz-Weiß-Radierungen durch unzählige Graunuancen aufscheinen lässt, ist fast noch besser als bei den Farbbildarbeiten." Außerdem habe Chagall, etwa bei der Radierung "Vision der Apokalypse" aus dem Jahr 1967, einen streng symmetrischen Aufbau gewählt, den man sonst bei dem Künstler nicht finde.

Durch die Gegenüberstellung der Radierungen aus den 1930er Jahren mit Lithografien gleicher Thematik aus den 1950er Jahren wird zudem deutlich, wie Chagall in verschiedenen Lebenssituationen die Bildaussagen variiert und wie seine künstlerische Entwicklung verlaufen ist. "Ich las die Bibel nicht, ich träumte sie", beschrieb Chagall sein Verhältnis zur Heiligen Schrift.

(epd)
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