Roman von Anrea Giovenes im Heine Haus präsentiert Ein Palazzo mitten im Dorf

Düsseldorf · Der in Düsseldorf geborene Übersetzer Moshe Kahn und FAZ-Redakteur Andreas Platthaus stellten den 1600 Seiten starken Roman „Die Autobiographie des Giuliano di Sansevero“ anregend vor.

Buchvorstellung im Düsseldorfer Heine Haus mit Andreas Platthaus (links) und Übersetzer Moshe Kahn.

Foto: Heine Haus

Ein Haus in Süditalien. In einem wenige-Hundert-Seelen-Dorf ohne fließend Wasser oder Strom. Ohne Straße in die Außenwelt, nur über Maultierpfade erreichbar. Wo das Wort „Casa“ für die Bewohner „ein Zimmer mit Mauern“ bedeutete. Dort ließ der italienische Schriftsteller Andrea Giovene seine autobiographische Figur Giuliano di Sansevero in den dreißiger Jahren einen „Palazzo“ bauen, ein Gebäude mit schier unglaublich vielen Räumen. Den Dorfbewohnern blieb die Spucke weg, sie konnten diese Hybris eines adligen Spinners einfach nicht fassen.

Nachzulesen ist diese Geschichte in dem Band „Das Haus der Häuser“, der von dem Übersetzer Moshe Kahn und FAZ-Redakteur Andreas Platthaus im Heine-Haus vorgestellt wurde. Auch das Buch ist Teil eines Palazzos, nämlich eines 1600 Seiten umfassenden Kolosses, der 1966 in Italien erschien und seither auf seine Übersetzung ins Deutsche wartete. Der mit einer schönen Lesung und einem äußerst anregenden Gespräch präsentierte Band ist der dritte von insgesamt fünf Teilen dieser Geschichte. Übersetzt wurde die „Autobiographie des Giuliano di Sansevero“ nach jahrzehntelanger Verlagssuche von dem 1942 in Düsseldorf geborenen Moshe Kahn, von Andreas Platthaus im Heine-Haus als „die Stimme der italienischen Literatur auf Deutsch“ vorgestellt.

Auch der 1904 in Neapel geborene, 1995 dort verstorbene Autor hatte große Schwierigkeiten, einen Verlag fürs Original zu finden. Schließlich veröffentlichte er den zweiten Band auf eigene Kosten mit 999 Exemplaren. Eins davon fiel einem umtriebigen Schwedisch-Dozenten der Universität Neapel in die Hände. Dieser von der Lektüre begeisterte und in der schwedischen Presse vernetzte Edvard Gummerus schlug Giovene einfach für den Nobelpreis vor. In Stockholm erschien prompt ein großer Artikel mit der reißerischen Überschrift: „Don Andrea. Eine literarische Entdeckung von Weltrang?“ Sofort rissen sich die Verlage in Italien darum, das Werk zu veröffentlichen. Es folgten die ersten Übersetzungen in skandinavische Sprachen.

Das Dorf in dem von Kahn und Platthaus als Schlüsselband bezeichneten dritten Teil gibt es wirklich. Sein fiktiver Name ist wohl eine Anspielung auf die äolischen Inseln Alicudi und Filicudi, die selbst heute noch als touristischer Geheimtipp gelten. Andrea Giovene führte eine nomadische Existenz zwischen Süditalien, Mailand, Paris und London. Sein Sohn, ein renommierter Hofjurist der britischen Krone, wurde von der Königin zum Lord geadelt. Wohl nicht bedenkend, dass er aus einer herzoglichen Familie stammt, die sich bis zu Baldassare Giovene im 11. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Die beiden letzten deutschen Bände der „Autobiographie“ sollen dem Haus der Häuser“ in relativ kurzer Zeit folgen.